· GZ 2024

Verirrt, verletzt, verzweifelt

36 Einsätze hatte die Bergwacht Geislingen-Wiesensteig im vergangenen Jahr, ein Drittel davon waren Wanderunfälle. Zweimal kam der Hubschrauber.

Im Gegensatz zu 2022 wurden die Retter der Bergwacht Geislingen-Wiesensteig im vergangenen Jahr zu keinem Einsatz gerufen, dem ein Hornissenangriff vorangegangen war. Langweilig war es den Bergrettern dennoch nicht: 36 Mal waren die Rettungskräfte im Lauf des vergangenen Jahres im Einsatz, also im Durchschnitt dreimal pro Monat.

Einen großen Teil der Einsätze, genau ein Drittel, lösten verirrte oder verletzte Wanderer aus. Wie etwa im Februar vergangenen Jahres, als zwei Frauen das Gelände am Beutelfelsen oberhalb von Weißenstein unterschätzten und den Rückweg nicht mehr fanden. Als es dann auch noch dunkel und kalt wurde, setzten sie einen Notruf ab. Dank der GPS-Daten der Leitstelle, die die Handys geortet hatte, fanden die Bergretter die Wandererinnen schnell und brachten sie mit dem Bergrettungsfahrzeug ins Tal.

„Sie versorgten ihn auf einem schmalen Felsband, von dem es 15 Meter steil nach unten ging.“

Wie Jonas Keck, Technischer Leiter Winter, berichtet, rücken bei jedem Einsatz etwa acht der insgesamt 30 aktiven Einsatzkräfte aus. „Stolpern, stürzen oder abrutschen“ seien die Hauptgründe für Wanderunfälle, bei denen sich die Betroffenen häufig Knochen oder Bänder verletzten. Manchmal seien aber auch internistische Notfälle – wie zum Beispiel akute Kreislaufprobleme – der Grund, dass die 112 gewählt wurde. „Der Rettungsdienst wird grundsätzlich immer mitalarmiert und je nach Meldung auch der Notarzt“, erläutert Jonas Keck und ergänzt: „Aber auch wir haben alle eine notfallmedizinische Ausbildung, falls wir als Erste beim Verletzten sind.“

In diesem Zusammenhang macht der Bergretter, der sein Ehrenamt wegen der Kameradschaft liebt und wegen des Gefühls, etwas wirklich Sinnvolles zu tun, ein wenig Werbung für die Bergwacht: „Wir freuen uns übrigens immer über neue, bergbegeisterte Interessenten.“

Immer wieder sind die Aufgaben, die auf die Bergretter zukommen, richtig spektakulär. So etwa im Juni, als innerhalb von vier Tagen gleich zweimal ein Hubschrauber zum Einsatz kam. Im ersten Fall hatte im Steilgelände nahe des Geislinger Knoll-Denkmals ein 33-Jähriger einen internistischen Notfall. Der Patient wurde vom Notarzt und Rettungsdienst erstversorgt und dann von der Bergwacht in einen sogenannten Bergesack gepackt. Gemeinsam mit einem Bergwacht-Luftretter holte der Hubschrauber ihn aus dem unwegsamen Gelände und brachte ihn zum Rettungswagen, der bei der Straubmühle wartete.

Drei Tage später verletzte sich ein Kletterer am Rabenfelsen oberhalb des Geislinger Kauflands den Fuß. Um ihm zu helfen, seilten sich die Bergwachtretter zu ihm ab, versorgten ihn auf einem schmalen Felsband, von dem es vorne 15 Meter steil nach unten und hinten 15 Meter steil nach oben ging, und lagerten ihn dort in einen Hubschrauber-Bergesack. Mit Unterstützung eines Luftretters, der sich vom Hubschrauber abseilte, wurde der Kletterer dann gerettet.

Dankbar waren bestimmt auch die drei Gleitschirmflieger, die im März, April und Juni aus bis zu 20 Meter hohen Baumwipfeln geholt wurden, in die sie abgestürzt waren. Zweimal waren Mountainbiker froh über den Einsatz der Bergretter, zweimal waren es Waldarbeiter, die sich verletzt hatten.

Zwei der 36 Einsätze wurden nicht von der Leitstelle angefordert, sondern dienten zur Absicherung eines Berglaufs.

Es fehlen noch Spenden für das Bergwacht-Einsatzfahrzeug

Wie Jonas Keck berichtet, ist die Bergwacht Geislingen-Wiesensteig „immer schnell am Einsatzort, weil wir zwei Standorte mit je einem Fahrzeug haben“. Eines dieser Fahrzeuge, das in Wiesensteig, hat inzwischen jedoch 16 Jahre auf den Achsen und fällt deswegen immer wieder wegen Reparaturen aus. Seit fast einem Jahr generiert die Bergwacht Wiesensteig deshalb Spenden für ein Ersatzfahrzeug, das insgesamt 85 000 Euro kosten wird. 37 000 Euro Spenden kamen inzwischen zusammen. Weitere 10 000 Euro steuert der DRK Kreisverband Göppingen bei, außerdem wird das alte Fahrzeug verkauft und auch durch den alljährlichen Bergwacht-Hock kommt noch Geld dazu. Jedoch sind weitere Spenden notwendig.

„Traurig“ nennt Bergwachtleiter Niko Schneider die Tatsache, „dass man so derart nach Spenden suchen muss für ein Fahrzeug, das allein im vergangenen Jahr 36 Mal im Einsatz war und mit dem man Menschen rettet.“ Er wünscht sich, dass das Land Baden-Württemberg für eine solche Anschaffung genügend Geld zur Verfügung stellt.

Das neue Fahrzeug für die Bergwacht ist bereits bestellt. Es ist ein VW Bus T6, der momentan mit einem speziellen Geländefahrwerk ausgerüstet und höher gelegt wird. Er wird eine spezielle Bereifung bekommen, mit einer Sondersignalanlage (Blaulicht) und Funk ausgerüstet  und dann so ausgebaut, dass er mit Rettungsgerät bestückt werden kann.