Als etwas „Außergewöhnliches“ bleibt Jonas Keck von der Bergwacht Geislingen-Wiesensteig im Gedächtnis, was er im September 2022 gleich zweimal erlebt hat: Die Stiche von Insekten lösten Rettungseinsätze aus. Bei Bad Ditzenbach wurden an einem spätsommerlichen Sonntag mehr als 20 Menschen im Wandergebiet des Oberen Berges von Hornissen angegriffen.
Weil ein 55-Jähriger allergisch reagierte, musste er aus dem unwegsamen Gelände geholt werden. Die Bergwachtler teilten sich in Gruppen auf, um zunächst nach dem Mann zu suchen, dessen genauer Standort nicht klar war. Auf einem schmalen Weg wurde er schließlich zum Bergrettungsfahrzeug transportiert.
Nur eine Woche verging, bis die Bergwachten Göppingen und Geislingen-Wiesensteig zwischen Gairenbuckel und Reichenbach im Täle erneut einen Wanderer wegen eines Hornissenstichs retten mussten. „Für mich war es das erste Mal, dass Insektenstiche solche Einsätze auslösten“, sagt Jonas Keck.
Rund zehn Kräfte sind im Schnitt bei den Einsätzen der Bergwacht dabei, an dem Frauen und Männer aus Geislingen-Wiesenteig und Göppingen eigentlich immer gemeinsam unterwegs sind. In der Corona-Zeit waren sie besonders gefordert. „Die Leute drängten nach draußen. Jetzt hatten wir wieder ein ganz normales Jahr“, resümiert der ehrenamtliche Retter. Die ganze Bandbreite sei dabei gewesen – von verunglückten Wanderern, Kletterern und Mountainbikern. Sogar einen Gleitschirmflieger musste die Bergwacht aus einem Baum retten. Besonders aufwendig waren die beiden Windenrettungen im Mai. Zweimal rettete die Bergwacht auf diese Weise abgestürzte Kletterer: Über eine Winde kann ein Retter am Boden abgesetzt werden, während ein Hubschrauber an der Einsatzstelle schwebt. „Bei solchen Einsätzen geht ein Luftretter, ein Rettungsspezialist Helikopter, an Bord“, erklärt Jonas Keck. Am Jungfraufels oberhalb von Bad Überkingen wurden ein Retter und eine verletzte Kletterin auf diese Weise gesichert in einem Bergesack zum Hubschrauber hochgezogen, nachdem die Frau im steilem Felsgelände zuvor abgestürzt war.
Schnell und viel schonender als mit einer Gebirgstrage habe so auch wenige Tage später eine Kletterin am Reußenstein bei Wiesensteig gerettet werden können, nachdem sie beim Abseilen fünf Meter stürzte und sich schwer verletzte.
„Unsere Einsätze waren komplett verteilt auf das Jahr“, sagt Keck. Einen Schwerpunkt zu bestimmten Monaten gebe es nicht. Bei Einsätzen in den Wintermonaten, wie etwa bei einem Forstunfall an der Papiermühle im Februar, der sich zudem bei Dunkelheit ereignete, gelte es, besonders zügig zu arbeiten. „Die Gefahr der Unterkühlung ist groß“, erklärt Keck. Die acht Retter der beiden Bergwachten transportierten den verletzten Forstarbeiter damals mit einer Gebirgstrage ab.
„Wir sind mit unseren Geräten auf die Rettung aus dem unwegsamen Gelände – also abseits der Straße – spezialisiert, darauf sind alle ausgebildet“, erklärt der Bergwacht-Retter. Dass es immer wieder zu Unfällen kommt, bei denen die Bergwacht helfen muss, lasse sich nicht auf einen Hauptgrund zurückführen. „Viele Leute auf der Schwäbischen Alb sind gut ausgerüstet“, meint Jonas Keck. Das ist auch sein Rat – genau wie die Vorbereitung auf Touren.
Etwas weniger Einsätze als noch im Vorjahr
Einsätze Die Bergwacht Württemberg zählte 2022 so viele Einsätze wie im Jahr davor: 494. Das teilt Raimund Wimmer, Pressesprecher der Bergwacht Württemberg, mit. 60 davon gehen 2022 auf den Kreis Göppingen zurück, 2021 waren es 66. „Die reinen Bergrettungseinsätze liegen bei beiden Bergwachten gleich, da immer beide Bergwachten gemeinsam zu den Einsätzen ausrücken“, so der Pressesprecher. Doch eine Differenz gibt es bei der Bergwacht Geislingen-Wiesensteig und der von Göppingen. Bei letzterer zählen auch „Helfer-vor-Ort-Einsätze“ dazu. Daher lautete die Bilanz für 2022: 38 Einsätze waren es für Göppingen und 30 für Geislingen-Wiesensteig, also zusammen 68. Das durchschnittliche Einsatzaufkommen der 19 Bergwachten in Württemberg beträgt laut Wimmer 26.
Ehrenamt Die beiden Gruppen im Landkreis freuen sich jederzeit über neue Mitglieder. „Gerade für Ski- und Kletterbegeisterte ist die Bergwacht ein tolles Ehrenamt“, sagt Jonas Keck. Die Kräfte sind als Gemeinschaft des Deutschen Roten Kreuzes im Einsatz.