„Ich setze große Hoffnungen in die Impfungen“, sagt Uwe Glöckner, Regionalleiter der Samariterstiftung. „Wenn die Bewohner geimpft sind, dann wird uns eine Last von den Schultern genommen.“ In den vier Pflegeheimen der Samariterstiftung in Geislingen, Altenstadt, Gingen und Wiesensteig wollen sich 95 bis 98 Prozent der Bewohner impfen lassen – „die Zustimmung ist sehr hoch“, sagt Glöckner zufrieden. Ähnlich sieht es im DRK-Seniorenzentrum in Geislingen aus. Heimleiterin Doreen Schneider spricht von gut 90 Prozent. Es fühle sich ein bisschen so an, als befinde man sich „auf einer Zielgeraden“.
Beide hoffen, dass sie die mobilen Impfteams schon bald in ihren Pflegeheimen empfangen können. Die nötige Vorarbeit ist dafür getan: Vom Zentralen Impfzentrum in Ulm (ZIZ) hatten sie bereits im Dezember die wichtigen Informationen und Datenschutzerklärungen erhalten und an ihre Bewohner weitergeleitet. Diese mussten ausgefüllt und zurückgeschickt werden. Nun warten sie auf die Termine.
Doch diese Phase ähnelt einem emotionalen Auf und Ab, denn dem ZIZ steht kein unendlicher Reichtum an Impfdosen zur Verfügung, um alle Pflegeheime sofort ansteuern zu können. Zudem kümmern sich die mobilen Impfteams vom ZIZ nicht nur um die Pflegeheime im Landkreis Göppingen. Umso schöner wäre es dafür Schneider und Glöckner gewesen, hätte das Kreisimpfzentrum (KIZ) in Göppingen tatsächlich am 15. Januar öffnen können (Glöckner: „Wir hoffen, dass es so schnell wie möglich losgeht.“).
Wie berichtet, können alle Kreisimpfzentren erst eine Woche später öffnen, da es von den begehrten Impfdosen noch zu wenige gibt. Und selbst wenn am 22. Januar die ersten Menschen in der Göppinger Werfthalle geimpft werden, stehen dem Landkreis in der Anfangszeit nur 180 Dosen für die Werfthalle zur Verfügung – pro Woche, wie Landrat Edgar Wolff am 7. Januar bei einem Pressetermin in der Werfthalle erklärt hatte. Weitere 180 Dosen werden zurückbehalten für die zweite Verabreichung des Impfstoffs drei Wochen später. Zum Kontingent gehören allerdings auch 300 Impfdosen für zwei mobile Impfteams, die die Pflegeeinrichtungen im Kreis ansteuern (siehe Infokasten). Die Resonanz im Raum Geislingen ist verhalten. Schneider und Glöckner hätten sich größere Vorräte gewünscht.
Dauerstress und Druck
In den Gesprächen mit den beiden wird eines sehr deutlich: Das Coronavirus ist nicht nur gefährlich für den Körper, es belastet auch den Geist: „Es ist echter Dauerstress. So richtig runterfahren konnte ich nicht einmal im Urlaub“, gibt Doreen Schneider zu, während Uwe Glöckner von „einem extremen Druck“ redet.
Schneider blickt auf eine Zeit zurück, in der sie und ihre Kollegen alles dafür getan hätten, das Virus aus dem Pflegeheim draußen zu halten – immerhin zählen die Bewohner zur Risikogruppe. Einen Ausbruch habe es im DRK-Seniorenzentrum zwar nicht gegeben, aber „es kann überall passieren. Das bereitet einem Sorgen“, sagt Schneider, die dabei beispielsweise an den Ausbruch in einem Pflegeheim in Laichingen denkt, wo mehrere Menschen ums Leben kamen.
Uwe Glöckner kann das nachempfinden. Seit März gehe es darum, die Vorgaben des Landes umzusetzen und die Bewohner vor einer Infektion zu schützen.
Im Hinterkopf sei die Furcht aber oft gegenwärtig, immerhin könnte jemand das Virus in ein Pflegeheim tragen, ohne selbst irgendwelche Symptome zu haben. Für Pflegeheimleiter ist die Zeit in der Corona-Krise demnach auch ein Kampf mit der Ungewissheit. Die Samariterstiftung hat vier Pflegeheime im Raum Geislingen, eines davon in Gingen, und dort waren fünf Bewohner infiziert, berichtet Glöckner. Eine Person sei stärker erkrankt gewesen, die anderen vier hätten einen milderen Verlauf gehabt. Das Schöne sei: Sie sind alle genesen.
Misstrauische Pflegekräfte
Bleibt noch die Frage nach den Fachkräften und deren Impfbereitschaft: Bundesweit berichten Zeitungen über die Zurückhaltung vieler Pfleger und Betreuer. Auf eine Zahl lässt sich Doreen Schneider nicht festlegen, doch im Vergleich zu den Bewohnern sind es „wesentlich weniger“, die sich impfen lassen wollen. Uwe Glöckner beziffert die impfbereiten Fachkräfte „auf 50 bis 60 Prozent“. Schneider bietet sich ihren Mitarbeitern deswegen als Gesprächspartnerin an, wenn diese Sorgen haben, und in der Samariterstiftung gibt es extra eine Anlaufstelle, wo alle Anliegen anonym behandelt werden. Was so viele Pflegekräfte skeptisch macht, sei die Furcht vor Nebenwirkungen; was viele verwundere, ist die vergleichsweise schnelle Zulassung des Impfstoffs (wir berichten noch). Glöckner fände es zwar besser, wenn sich mehr Fachkräfte impfen lassen würden („Das Risiko ist immer geringer nach einer Impfung.“), stellt aber klar: „Eine Impfpflicht gibt es natürlich nicht.“
Rettungskräfte unterstützen Impfteams
Rettungsdienste: Das Rote Kreuz (DRK) und der Malteser Hilfsdienst (MHD) sind im Organisationsteam des Landrats- und Gesundheitsamts vertreten, berichtet DRK-Kreisbereitschaftsleiter Raimund Matosic. Die Rettungsdienste unterstützen insbesondere die beiden mobilen Impfteams. „Wir stellen derzeit jeweils ein Fahrzeug inklusive Fahrer für die Impfteams zur Verfügung“, sagt Matosic.
Späterer Start: Dass die Kreisimpfzentren (KIZ) erst am 22. Januar geöffnet werden, findet Raimund Matosic „natürlich sehr schade, und es ist schon ärgerlich, da wir uns von den Planungen her auf den 15. Januar ausgerichtet hatten“. Er hält die Impfungen für „sehr wichtig“, gerade auch in den Pflegeheimen.