· NWZ 2023

Oft schneller als der Notarzt

Im Notfall ist schnelle Hilfe entscheidend. Rund 90 „Helfer vor Ort“ des DRK sind vor dem Rettungsdienst zur Stelle.

Kreis Göppingen - Schon vor mehr als 20 Jahren hat das DRK im Landkreis mit dem Aufbau des „Helfer vor Ort“-Systems begonnen, mittlerweile sind 90 ehrenamtliche Helfer in beinahe allen Kreisgemeinden im Einsatz. Parallel zum Rettungsdienst werden sie alarmiert, durch ihre Ortsnähe haben sie jedoch meist einen zeitlichen Vorsprung und kommen noch vor dem Rettungsdienst am Einsatzort an. Wertvolle Zeit wird so gewonnen, manchmal geht es um Minuten, um ein Leben zu retten.

Ein Ersatz für Rettungsdienst und Notarzt sind die ehrenamtlichen Mitglieder des DRK nicht. „Eine sehr sinnvolle Ergänzung“, bestätigt Kreisverbandsarzt Dr. Christian Wagenfeld. Die Helfer vor Ort haben eine medizinische Mindestausbildung, wie die abgeschlossene Sanitätsausbildung und eine Frühdefibrillations-Schulung. „Viele sind Rettungshelfer, -assistenten oder -sanitäter mit regelmäßiger Einsatz­erfahrung“, weiß Wagenfeld, der gemeinsam mit seiner Frau auch bei den Helfern vor Ort mitmacht.

Es geht oft um Minuten

Bettina Steinbacher ist seit knapp vier Jahren im Einsatz. Vor sechs Jahren hat sie die Ausbildung zur Rettungssanitäterin absolviert. „Ich bin Quereinsteiger beim DRK“, erzählt die Dürnauerin. Dort hat sie im Bereitschaftsdienst auch Erfahrungen mit dem „Helfer vor Ort“-System gemacht. Der Entschluss, sich dem Team anzuschließen, war schnell gefasst. Neun bis zehn Minuten brauche der Rettungsdienst für die Anfahrt aus Göppingen und das sei in manchen Situationen lang oder sogar zu lang. „Ich habe da einen deutlichen Zeitvorteil“, sagt Steinbacher, die ihre Wohngemeinde Dürnau abdeckt. Anfangs war sie auch für Bad Boll zuständig. Je nach Notfall wird Bettina Steinbacher alarmiert. „Herzinfarkt, Schlaganfall, schwerere Stürze, starke Blutungen“, nennt sie als Beispiele, aber auch Notfalleinsätze bei Kindern, etwa bei Pseudokrupp-Anfällen oder Verschlucken von Gegenständen und anderem.

Oft ist Akuthilfe gefragt, auch Reanimation. Die genauen Informationen zum Einsatz bekommt sie per Anruf bei der Einsatzleitstelle. Und dann geht‘s los – und das kann zu jeder Tages- und Nachtzeit sein. Vor Ort leitet Bettina Steinbacher die ersten Hilfemaßnahmen ein, und zwar so lange, bis der Rettungsdienst da ist. Sie kümmert sich aber nicht nur um die Patienten. „Auch Angehörige werden unterstützt“, sagt sie, denn die meisten seien in der Ausnahmesituation schlicht überfordert. Die schnelle Präsenz vor Ort wirke auf Angehörige beruhigend und entlastend.

Wer sich für die Mitarbeit beim Helfer-Team entscheide, müsse sich darüber klar sein, dass er bei jedem Einsatz Neuland betrete. „Die häusliche Situation ist individuell, der Zustand der Patienten und die Art des Notfalls auch“, beschreibt Steinbacher. Auch nach getaner Arbeit kann es schwierig sein. „Je nachdem, was man sieht und tun muss, kann es sehr belastend sein“, sagt Steinbacher. Wer Hilfe brauche, könne sich aber auch jederzeit an die psychosoziale Notfallversorgung wenden, man wird nicht alleine gelassen. Auch einschneidende Erlebnisse kommen vor. „Reanimationen sind immer belastend“, sagt Bettina Steinbacher, aber auch Einsätze, bei denen jede Hilfe schon zu spät kommt. Auch Kindereinsätze seien immer ein heißes Thema. Die Bandbreite sei sehr groß. Derzeit ist Bettina Steinbacher rund vier Mal pro Monat im Einsatz. Sie arbeite sehr gerne für und mit Menschen und sie bekomme auch sehr viel Dankbarkeit zurück. „Es ist schön, wenn man helfen kann“, meint die 56-Jährige.

Info
Näheres unter www.drk-goeppingen.de/start/angebote/rettung/helfer-vor-ort-system.
Kontakt: DRK-Kreisverband Göppingen Telefon (07161) 67 39-0, Email: info(at)drk-goeppingen(dot)de