Ein kleiner Junge klettert auf die Rutsche, ein Mädchen dreht mit einer Radelrutsch eine Runde durch den Flur, Emma hat sich lustige Hasenohren aufgesetzt. Auf den ersten Blick scheint alles normal im Familienzentrum des DRK-Kreisverbandes in der Geislinger Straße in Göppingen. Freilich nur auf den ersten flüchtigen Blick. Tatsächlich fällt sofort auf, dass es nur eine Handvoll Kinder sind, die die Räume im zweiten Stock der Einrichtung beleben.
Normalerweise sind es auf zwei Etagen 20 Krippenkinder und etwa 35 Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren. „Aktuell betreuen wir nur Kinder von Eltern, die in systemrelevanten Bereichen arbeiten“, erklärt Erzieherin Nadine Bakir. In Zeiten von Corona sind es fünf Kinder von Angehörigen von Rettungsdiensten, Feuerwehr und Polizei und aus dem pflegerischen Bereich. „Drei Kinder besuchen regulär unsere Einrichtung, zwei kommen von außerhalb“, fährt die Erzieherin fort. Ungewohnt sei diese Situation – für Erzieherinnen und Kinder.
„Wir haben uns zwischenzeitlich an die Lage gewöhnt. Am Anfang war es allerdings schwierig“, erinnert sich Nadine Bakir. Die Kinder hätten in der ersten Woche viel gefragt, „jetzt genießen sie es, dass wir noch mehr als sonst auf sie eingehen können und sie viel Freiraum haben“. Die Kinder und die Erzieherinnen nutzen nicht nur die Räume im Familienzentrum, sondern auch den an die Schützenstraße ausgelagerten Außenbereich. „Dort werden wir jetzt Bohnen pflanzen und sie beim Wachsen beobachten“, sagt Silke Kargl.
Das Team des DRK-Familienzentrums arbeitet in zwei Schichten und nutzt die ungewohnte Situation auf vielfältige Weise. „Es gibt Online-Fortbildungen, wir erarbeiten ein neues Betreuungs- und ein damit verbundenes Raumkonzept und wir renovieren“, erläutert Silke Kargl, die die vor zehn Jahren eröffnete Einrichtung leitet.
Die Renovierungsarbeiten waren bereits konzipiert gewesen, hätten zu normalen Zeiten Raum für Raum stattgefunden und können jetzt „in einem Zug ausgeführt werden. Das ist für uns einfacher.“ Zwei Schreiner räumen Regale zur Seite, denn der gesamte erste Stock muss geräumt werden. „Wir bekommen einen neuen Fußboden“, erklärt Silke Kargl.
Sie und ihr Team halten auch in Corona-Zeiten engen Kontakt zu den Kindern und ihren Eltern. „Wir sind auch in diesen ungewöhnlichen Zeiten da für die Fragen und Anliegen der Eltern.“ Silke Kargl weiß, dass die „an die Grenzen ihrer Belastbarkeit kommen, vor allem, wenn die Betreuung ihrer Kinder noch neben dem Homeoffice geregelt werden muss“.
Außerdem erhalten die Kinder regelmäßig Post aus dem Familienzentrum. „Wir stellen Tipps zusammen, wie die Kinder zu Hause sinnvoll beschäftigt werden können und werfen diese Briefe bei den Kindern ein“, erklärt Denise Gegö. Da gibt es Vorschläge zum gemeinsamen Backen, zu Bewegungsspielen oder zu Sprachübungen. „Wir haben die Eltern gebeten, die Aktivitäten zu fotografieren. Wir werden sie, wenn alles wieder normal läuft, aufhängen“, verspricht Silke Kargl. Eine erste Reaktion hat sie bereits erhalten und zeigt die Bilder eines kleinen Mädchens, dass aus Strohhalmen Wörter bildet, wie es durch die Wohnung turnt, aber auch, dass es seiner Mama bei der Hausarbeit hilft und stolz den Staubsauer durch das Wohnzimmer zieht.
Silke Kargl ist froh, dass bis jetzt weder ein Kind noch eine ihrer Kolleginnen positiv auf Corona getestet worden ist. „Wir hoffen, dass wir bald zur Normalität zurückkehren und wieder unseren gewohnten Alltag leben können.“ Wann dies allerdings der Fall sein wird und wie die schrittweise Öffnung der Einrichtung gestaltet werden wird, das war unmittelbar nach den Osterferien noch nicht geklärt.