· PM 2021

Jede Minute zählt

Ein plötzlicher Herzstillstand kann jeden treffen. Aber auch jeder kann helfen. Es ist ganz einfach. Man muss nur „Prüfen. Rufen. Drücken.“ Das ist die Botschaft der Kampagne „Ein Leben Retten. 100 Pro Reanimation“.

Aktion in Göppingen

Nach einer pandemiebedingten Zwangspause fand in diesem Jahr wieder die Aktion der Alb-Fils-Kliniken und des DRK-Kreisverbandes Göppingen zur Woche der Wiederbelebung auf dem Göppinger Marktplatz statt.

„Wenn jemand auf der Straße oder im privaten Umfeld kollabiert, ist die schnelle Wiederbelebung ganz entscheidend, um Leben zu retten. Dann zählt jede Minute“, erklärt Ulrich Kienzle vom DRK-Kreisverband Göppingen. Um die Bevölkerung für dieses wichtige Thema zu sensibilisieren, wird jedes Jahr im September die „Woche der Wiederbelebung“ mit verschiedenen Aktionen durchgeführt. Dazu gehört auch die Informationsveranstaltung der Alb-Fils-Kliniken und des DRK-Kreisverbandes auf dem Göppinger Marktplatz, bei der Passant*innen die richtige Reanimation trainieren können.

Im Vorjahr konnte die Aktion durch die Corona-Pandemie nicht stattfinden. „Wir haben in diesem Jahr eine sehr gute Resonanz, die Leute sind wirklich interessiert“, freut sich Dr. Nikola Kandhari, die gemeinsam mit ihrem Kollegen Dr. Sebastian Fischle von den Alb-Fils-Kliniken als Ärztin vor Ort ist. „Ganz wichtig sind die drei Stichworte: prüfen, rufen, drücken“, erklärt sie gerade einem Freiwilligen. Danach darf er an einer Puppe die richtige Anwendung der Herzdruckmassage üben.

Sollte eine Person kollabieren muss zuerst geprüft werden, ob sie auf Ansprache reagiert. Sollte das nicht der Fall sein, prüfen die Retter, ob bei überstrecktem Kopf eine normale Atmung vorhanden ist. Atmet der Verunglückte nicht mehr, müssen die Helfer zuerst den Notruf 112 wählen. „Die Mitarbeitenden der Leitstellen sind geschult, bei der Reanimation telefonisch anzuleiten und unserer Erfahrungen haben gezeigt, dass sich die meisten Anrufer darauf auch sehr gut einlassen“, so Ulrich Kienzle. Deshalb sollte man das Handy nach dem Anruf nicht auflegen, sondern es auf laut stellen.

„Bei einem Herzstillstand ist es wichtig, dass das Blut weiter durch den Körper zirkuliert und das Gehirn ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird“, erläutert Professor Dr. Matthias Fischer, Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie an den Alb-Fils-Kliniken und stellvertretender DRK-Kreisverbandspräsident. „Eine sofortige Herzdruckmassage bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes kann Leben retten“, betont der Mediziner. Dabei wird mit übereinandergelegten Händen 100 Mal pro Minute mittig auf den Brustkorb rund fünf bis sechs Zentimeter tief gedrückt und dann auch wieder entlastet.

„Eine große Hilfe ist es, wenn man noch andere Passanten anspricht, damit man sich bei der Herzdruckmassage abwechseln kann, da diese sehr anstrengend ist“, weiß Ulrich Kienzle aus seiner Erfahrung im Rettungsdienst. Eine zusätzliche Beatmung wird bei der Laienreanimation heute nicht mehr durchgeführt.

Besonders wichtig ist es, das Wissen über die richtige Reanimation bereits im Kindesalter zu vermitteln. Im Landkreis ist es das Ziel der Fachleute, jedem Schüler mindestens zweimal innerhalb seiner Schullaufbahn die Wiederbelebung zu zeigen. Ein weiterer Baustein ist die App „Corhelper“, bei der freiwillige ehrenamtliche Ersthelfenden bei einem medizinischen Notfall verständigt werden, wenn sie sich in einem Radius von 500 Metern um den Einsatzort befinden. „Das ist eine Ergänzung zu unserem Helfer vor Ort-Modell“, erklärt Ulrich Kienzle.

Aktion in Geislingen

Mit einer Aktion im Nel Mezzo im Rahmen der Woche der Wiederbelebung gab es am Stand des DRK die Möglichkeit, Leben retten zu trainieren.

Der neunjährige Toni lässt sich nicht lange bitten. Hochmotiviert versucht er seine ersten Schritte als Lebensretter an der Puppe, die vor dem Stand des DRK-Ortsvereins Geislingen im Nel Mezzo liegt. „Es ist ganz wichtig, dass die Menschen die drei Schritte bei der Reanimation, prüfen, rufen, drucken, verinnerlichen“, erklärt Susanne Schröder. Die Ärztin gehört zum Team des DRK, das anlässlich der jährlichen Woche der Reanimation die Passanten anspricht und anbietet, direkt vor Ort die Wiederbelebung an einer Puppe durchzuführen. „Wir erklären die Reanimation Schritt für Schritt“, betont Susanne Schröder.

Seit es die Aktion zur Wiederbelebung gibt, findet sie im Einkaufszentrum Nel Mezzo in Geislingen statt. In diesem Jahr sind insgesamt zwölf Helfende des DRK an den beiden Informationsständen im Erdgeschoss und im ersten Stockwerk im Einsatz. „Wichtig ist es nicht nur mit der Reanimation zu beginnen, sondern auch Umstehenden anzusprechen und zum Helfen aufzufordern“, erklärt Susanne Schröder gerade zwei Mädchen.

Die Notärztin erinnert sich an einen Einsatz, bei dem ein älterer Mann im Obstgarten kollabiert war und von seiner Enkelin erfolgreich reanimiert wurde, bis der Rettungswagen vor Ort war. „Dieses Thema ist wichtig und lebensrettend“, betont sie. Toni ist währenddessen mit der Reanimation fertig. „Das hat Spaß gemacht“, erzählt er. „Das sollte man wirklich öfter machen, damit man das Wissen im Notfall parat hat“, ist auch seine Mutter Silvia Schmid überzeugt, der die Helfer des DRKs die Wiederbelebung ebenfalls gezeigt haben.

Und auch wenn die Quote bei der Reanimation durch Passanten, Kollegen oder Angehörige in Deutschland mit 40 Prozent immer noch steigerungsfähig ist, freuen sich die Helfer des DRK über manchen Erfolg der Aktion, der Leben gerettet hat. „Vor Jahren war ein älteres Ehepaar bei uns am Stand. Die Frau hatte zuvor bei uns die Herzdruckmassage gelernt und nachdem ihr Mann einen Herzinfarkt hatte, konnte sie ihn erfolgreich wiederbeleben“, freut sich Susanne Schröder.