Anfangs war Roland Rimbach, der Schulleiter der Kaufmännischen Schule, skeptisch: Würden Sebastian Grothe und Niclas Rösch genügend Schüler an seiner Schule finden, die Interesse an einem Sanitätshelferkurs haben? Immerhin mussten die 16- bis 18-Jährigen dafür Herbstferientage und mehrere Wochenenden „opfern“. Andererseits war das Pilotprojekt für sie und die Schule kostenlos. Grothe und Rösch, ehrenamtliche Rettungssanitäter beim DRK-Ortsverein Geislingen, präsentierten die Idee nach den Sommerferien so erfolgreich, dass sie 15 Schüler von der Attraktivität und dem Sinn einer solchen Fortbildung überzeugten.
Nach insgesamt zehn je achtstündigen Kurstagen war es am letzten Novemberwochenende so weit: alle 15 Schüler absolvierten ihre Prüfungen. Am Samstagvormittag mussten sie in einem Multiple-Choice-Test von der Anatomie des Menschen bis zur richtigen Vorgehensweise im Notfall ihr Wissen unter Beweis stellen. Im Anschluss demonstrierten sie an einem Dummy (einer Notfallsimulationspuppe), wie Wiederbelebung mit Beatmungsbeutel und mit dem Defibrillator und eine wie korrekte Herzdruckmassage funktioniert. Die Teile drei und vier ihrer Prüfung fanden erst am Sonntag statt. Der Samstagnachmittag wurde deshalb nochmals zur praktischen Prüfungsvorbereitung genutzt. An fünf Stationen wiederholten die zukünftigen Sanitätshelfer das Erlernte der vergangenen Wochen: die korrekte Wundversorgung, das richtige Lagern, das Erheben der Vitalparameter, das Vorbereiten von Infusionen und die Königsdisziplin: der tatsächliche Einsatz – sprich: das Trainieren an Fallbeispielen.
Am Samstag lautete der Einsatz: Patient mit Kopfwunde liegt ohnmächtig in einem Bierzelt. Sanitätshelferin Anika Fink vom Geislinger Ortsverein verwandelte dazu die Stirn des „Opfers“ mit Farbe und Kunstblut in eine sehr echt wirkende Platzwunde. „Obwohl die Kursteilnehmer wissen, dass es sich um Schminke handelt, kostet es sie mehr Überwindung, hier aktiv zu werden als ohne diese Darstellung“, weiß Sebastian Grothe.
Elina Karypidou und Mirja Nirschl sind die Sanitätshelfer in diesem Einsatz. Sie eilen zum Patienten, horchen, ob er atmet, lagern ihn in die stabile Seitenlage, rufen die Integrierte Leitstelle an, packen den Patienten in eine Rettungsdecke, versorgen seine Kopfwunde, messen Puls und Blutdruck, horchen erneut, ob er atmet. Als schließlich der Notarzt kommt, ist alles für ihn optimal vorbereitet.
„Ich habe irgendwie gar nichts zu meckern. Das war megagut“, lobt Anika Fink im Anschluss und Grothe sagt: „Wenn das die Prüfung gewesen wäre, hättet ihr es klar geschafft.“
Mirja Nirschl ist von dem Kurs begeistert, für sie war er „jede Minute wert“. Die 17-Jährige will auf jeden Fall in Zukunft beim Roten Kreuz aktiv bleiben. Elina zwar nicht, aber auch sie findet den Kurs „sehr spannend“. Ähnlich äußert sich Aryan Ebrahimi, dem die Atmosphäre beim Kurs gefiel. Wie er ist auch Lara Schweizer begeistert: „Man muss nicht nur zuschauen, sondern darf viel selber üben. Die machen das richtig gut hier.“
Aus Sicht von Sebastian Grothe und Niclas Rösch ist der Sanitätshelferkurs eine Win-Win-Situation für beide Seiten. Für die Schüler der Kaufmännischen Schule, weil sie im Anschluss an den Kurs einen Schulsanitätsdienst einrichten, bei dem es sich laut Niclas Rösch wegen dieser aufwendigen Ausbildung um den „höchstqualifizierten Schulsanitätsdienst im Landkreis“ handelt. Und das Rote Kreuz gewinnt durch die Aktion neue ehrenamtliche Mitglieder.
Sebastian Grothe und Niclas Rösch gehören beide zur Arbeitsgruppe „Gewinnung von ehrenamtlichen Mitgliedern“ des Kreisverbandes Göppingen. Eine Idee, dieses Ziel zu erreichen, war das Angebot, an die drei beruflichen Schulen in Geislingen einen Sanitätshelferkurs anzubieten. „Fünf der 15 Schüler waren inzwischen mehrmals bei unseren wöchentlichen Dienstabenden dabei, weil sie die Tätigkeit spannend finden. Sie können sich eine dauerhafte Teilnahme vorstellen“, berichtet Sebastian Grothe und bezeichnet das Ganze als „erfolgreiches Projekt.“
Schulleiter Roland Rimbach sieht das „absolut genauso: „Für die einzelnen Schüler ist das Gelernte ein Gewinn und für unsere Schule ein wichtiger Baustein bei der augenblicklichen Umsetzung des Konzepts „Gesunde Schule“.