· NWZ 2015

Blutspende als Kunstprojekt im Sinne Beuys'

Im Saal der Stadthalle floss das Blut, im Foyer vor der Tür erläuterte Stefan Strumbel seine Idee eines Netzwerks des Spendens und Empfangens.

Künstler Martin Strumbel hat mit seiner Aktion offenbar etliche Erstspender angesprochen. Der Kunstverein Göppingen rief im Namen des Künstlers Stefan Strumbel zur Blutspende auf. Rund 180 Menschen gaben einen halben Liter ihres Blutes und wurden damit Teil der Performance.

Göppingen - „Mitarbeiterinnen und Mitglieder des Deutschen Roten Kreuz (DRK) im Kreisverband Göppingen betreuen diese Kunstaktion, das gespendete Blut wird in Gänze an medizinische Institutionen weitergegeben.“ Nachdem Michael Krause vom DRK-Blutspendedienst Baden-Württemberg-Hessen dies versichert hat, ist beim Blutspendetermin in der Göppinger Stadthalle alles wie immer. Fast alles.

Nach den üblichen Formalitäten begrüßt ein Herr mit Mantel und Hut die spendewilligen Bürger. Man kann in einer großen Mappe blättern: Tropfen in allen Farben. Veronika Adam, Kunsthistorikerin und aktives Mitglied im Team der Göppinger Kunsthalle, überreicht eine Stofftasche mit quietschgelbem Tropfensymbol: „Danke für Ihre Blutspende.“ Genau, deshalb ist man ja gekommen. Ärztliche Untersuchung, die Ermahnung, vorsichtshalber noch etwas zu essen und zu trinken. Dann, auf der Liege angekommen, die routiniert freundliche Verbindung von Blutbahn und Plastikbeutel, „Pumpen bitte“. Gut, das dunkelrote Lebenselixier rinnt in den präzise markierten Behälter. Jetzt sind wir also mitten drin in der Strumbel'schen Performance „Spende Blut“. Die meisten Spenderinnen und Spender ahnen nichts davon, manche sind erstaunt, dass heute so viele Fotografen und sogar ein Kamerateam da sind, ansonsten ähneln sich die Gründe für die Blutgabe: „Anderen zu helfen“ steht im Vordergrund, „etwas abgeben, damit jemand in Not es bekommen kann“. Hier setzt Strumbels Idee an.

Er entwirft ein Bild des öffentlichen Raums, in dem er den Menschen, seine soziale Teilhabe und sein Handeln im gesellschaftlichen Leben in den Vordergrund rückt. Der öffentliche Raum ist in dieser Performance das Netzwerk des Spendens und Empfangens. So inszeniert Stefan Strumbel eine „soziale Skulptur“. „Vielleicht geh' ich da mal hin“, sinniert Jörg Pauls, als er nach der Spende den Inhalt der Stofftasche anschaut: Eine Einladung für den 20. November in die Kunsthalle ist drin und ein Tütchen mit kleinen aufklebbaren Werken des Künstlers Stefan Strumbel. Aha, das also ist der Herr mit Hut.

Lea Arensmeyer sitzt beim Stärkungsimbiss mit am Tisch. Die junge Frau weiß ein bisschen mehr. Sie absolviert im Team der Kunsthalle ihr Freiwilliges Jahr Kultur. „Ich verstehe die Aktion so, dass hier viele Menschen gemeinschaftlich etwas tun, das wichtig und wertvoll für die Gesellschaft ist.“

Der Offenburger Künstler Stefan Strumbel freut sich über diese knappe Zusammenfassung seiner an Joseph Beuys angelehnten Aktion. Es gehe ihm um „spenden und empfangen“, darum, dass sich bei dieser Performance Menschen mit Kunst befassen, die sonst kaum etwas damit zu tun haben und dass Kunstinteressierte dazu animiert werden, Blut zu spenden.

Am Ende der Blutspendeaktion wird Ulla Rapp von DRK zufrieden auf die Ergebnisse blicken: „Insgesamt 179 Spenden, davon sind 25 Erstspender, das sind überdurchschnittlich viele." Das Strumbel'sche Konzept greift, sehr viel mehr will er aber nicht verraten, denn am 20. November ist in der Kunsthalle der zweite, der abstrakte Teil seiner „Spende Blut“-Arbeit zu sehen. Spannung erzeugen durch eine Fortsetzung – guter Trick. Die Türen der Kunsthalle werden geöffnet sein und Stefan Strumbel wird seine vorerst hoch kompliziert erscheinenden Ideen ganz einfach, von Mensch zu Mensch, erläutern.