„Wie geht man in so einen Einsatz und was erwartet einen vor Ort“, warf der Präsident des DRK-Kreisverbandes Göppingen, Peter Hofelich, schon bei seiner Begrüßung Fragen auf, die sich wahrscheinlich viele der Zuhörer stellen. Als Redner war der Chirurg und Notarzt Dr. Johannes S. Schad ins Rotkreuz-Landesmuseum nach Geislingen gekommen. Der engagierte Arzt, der auch internationaler Delegierter des DRK und des IKRK ist, war seit 2009 bereits bei bereits bei acht verschiedenen Einsätzen. Darunter im Niger, auf den Philippinen und in Pakistan. Er hat neben seiner medizinischen Fachausbildung einen Master in Disaster-Management und Risk-Gouvernement und gehört ehrenamtlich zur DRK-Bereitschaft Stuttgart-Ost. Die Einsätze dauern zwischen sechs Wochen bis zu sechs Monaten. Auch sein Vater war bereits Rotkreuz-Arzt. „Ich bin also genetisch vorbelastet“, so Johannes Schad.
Bei seinem Vortrag berichtet er über die schwierige medizinische Versorgung der Menschen in den Entwicklungsländern. Während in Deutschland auf 100.000 Bewohner 20 Chirurgen, Anästhesisten oder Gynäkologen kommen, gibt es in den Entwicklungsländern gerade einmal einen Facharzt für 100.000 Menschen. Zudem verlässt das Fachpersonal oftmals sein Heimatland, um im Ausland zu arbeiten. Dr. Schad berichtet von seinem Einsatz 2013 auf den Philippinen. Hier gibt es fünf bis sechs Zyklone pro Sturmsaison, deren Intensität zugenommen hat.
Gemeinsam mit der Bundeswehr war er beim Ebola-Einsatz in Morovia unter Leitung des Roten Kreuzes. Bei internationalen Einsätzen ist die Notfall-Analyse durch ein Field Assessment- and Coorination Team (FACT) sehr wichtig. Schnelleinsatzpersonen, die möglichst aus der Region kommen, erstellen eine erste Lageanalyse vor Ort. Diese sollten Generalisten mit viel Erfahrung sein. Darauf folgen zunächst Handlungsempfehlungen und dann die weitere Koordination vor Ort. Sind Helfer aus dem Ausland nötig, können Flug und Zollformalitäten wertvolle Zeit kosten. „Dadurch sind lebenserhaltenden Maßnahmen oft nicht schnell genug möglich“, erklärt der Notarzt. Zudem erschweren die Rahmenbedingungen vor Ort die Hilfe. „Dort gibt es keinen Obi, bei dem man mal kurz vorbeigehen kann“, erklärt Schad. Natürlich gibt es nationale Regierungen, die respektiert werden müssen. Hinzu kommen ethnische und kulturelle Besonderheiten, auf die die Helfer des DRK Rücksicht nehmen müssen. Als Beispiel nannte Dr. Schad die Warlords in Afrika. Vorab muss zudem geklärt werden, ob der Einsatz in einem Konfliktgebiet stattfindet, was im Zweifelsfall zusätzlich Zeit kostet.
Ganz wichtig ist es nach den Erfahrungen des Katastrophenmediziners auch, mit den wichtigsten Personen vor Ort Kontakt aufzunehmen und abzuklären, was möglich ist, was nicht geht und welchen Vorteil die Bevölkerung von der Hilfe hat. Zur Finanzierung der Hilfseinsätze muss auf Fonds zurückgegriffen werden, da man zu viel Zeit verlieren würden, wenn die Helfer erst auf eine Spendenaktion warten. So kosten das Beladen und der Flug eines Cargo Flugzeuges rund 100.000 Euro. Bei den Einsätzen muss bei den Helfern darauf geachtet werden, dass der Einsatz nicht zu lange dauert, um einem Burn-Out vorzubeugen. „Medizin im Katastrophenfall ist nicht perfekt – 100 Prozent sind nicht machbar“, betont Dr. Schad.
Nach dem Vortrag hatten die rund 50 Zuhörer die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Dazu gehörte auch die Frage, wie er mit den belastenden Situationen beim Einsatz umgeht. „Wie hier auch, es bringt nichts, wenn man vor Ort nicht einsatzfähig ist“, erklärt Dr. Schad. Es besteht die Möglichkeit psychologische Hilfe nach den Einsätzen in Anspruch zu nehmen. Als Dank für den spannenden Abend bekam Dr. Schad von Jens Currle, dem Leiter des Rotkreuz-Landesmuseums, noch ein Präsent überreicht.