r sieht aus wie ein großer Bildschirm, lässt sich aber problemlos zur Tischfläche umfunktionieren: der sogenannte Aktivtisch, den das DRK-Seniorenzentrum im Frühjahr von der Volksbank Stiftung bekommen hat. „Die Bewohner und Bewohnerinnen lieben ihn“, berichtet Einrichtungsleiterin Petra Nastasi –und zwar völlig unabhängig davon, ob sie demenziell erkrankt oder geistig noch recht fit seien.
Ein Besuch im Gemeinschaftsraum des DRK-Seniorenzentrums bestätigt das. Betreuungskraft Marianne Zagorac fragt in die Gruppe der Bewohner, die gerade im Nebenraum Kaffee trinken, wer Lust auf eine Runde Memory mit dem Aktivtisch hat und sofort finden sich drei, später vier Mitspielerinnen im Gemeinschaftsraum ein und versammeln sich um den Tisch. Dessen Oberfläche ist das Display.
Der Aktivtisch trainiert sowohl Gedächtnis und Motorik und bietet Unterhaltung.
Petra Nastasi
Leiterin DRK-Seniorenzentrum
Marianne Zagorac stellt Memory für drei Personen ein, auf der Tischfläche erscheinen zehn Quadrate. Die Frauen lassen sich kurz das Spiel erklären, entscheiden, wer anfängt, und die erste Frau tippt eine Karte an. „Oh, ein Kälbchen“, freut sich ihre Mitspielerin. Die zweite Karte zeigt einen Tiger. „Darf ich jetzt?“, fragt die Älteste der Gruppe ungeduldig und tippt eine beliebige Karte an. Wieder ein Tiger. „Ach, jetzt weiß ich nicht mehr, wo der andere war“, seufzt sie. Die dritte Dame am Tisch weiß es und freut sich, als das Kartenpaar auf ihre Seite des Displays verschwindet. Nach wenigen Minuten ist die erste Runde beendet. „Des isch ja a nettes Spiel, des spiel mr doch glei nomol“, findet eine der Seniorinnen und die anderen sind sofort einverstanden. So geht es noch einige Spiele weiter.
„So ist es immer“, berichtet Marianne Zagorac lachend, die den Aktivtisch häufig für die Aktivierung der alten Menschen einsetzt. Eine Bewohnerin hole sich den Aktivtisch immer wieder ins Zimmer und spiele darauf Air-Hockey gegen den Computer. Dabei versuche sie, den Ball auf dem Touch-Display schneller ins Tor zu katapultieren als der Computer. „Sie spielt richtig gut und gewinnt meistens“, erzählt die Betreuerin.
Sowohl sie als auch Einrichtungsleiterin Petra Nastasi sind sich einig, dass sie auf das Multifunktions-Gerät nicht mehr verzichten wollen. „Im Gegenteil, wir hätten es gerne in allen unseren Einrichtungen“, sagt Nastasi, „weil es sowohl Gedächtnis und Motorik trainiert als auch Unterhaltung bietet.“ Der Vorteil sei zum einen die unkomplizierte Bedienung, die Robustheit des Geräts und, dass nach dessen Anschaffung keine weiteren Kosten mehr auf die Einrichtung zukommen. „Trotzdem sind regelmäßige Updates im Internet möglich“, sagt Nastasi. Zum anderen ist es dessen unglaubliche Vielseitigkeit.
Es gibt nicht nur zahlreiche Spiele oder Quizze darauf. Sondern beispielsweise auch Werbung aus den 50er bis 70er Jahren. „Die sind super“, schildert Marianne Zagorac, die Männer liebten die Autowerbung – etwa die für den Ford Capri –, die Frauen erinnerten sich eher an die Waschmittelwerbung von Omo, das Waschpulver, das den Knotentest bestand. Das Gerät lese aber auch Märchen oder andere Hörbücher vor.
Tierstimmen erraten gehört zum Themenfeld „Hören und Akustik“, auch das können die alten Menschen wie fast alle andere Herausforderungen allein oder zu mehreren spielen und immer in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. Unter „Erkennen und Sehen“ hat der Aktivtisch neben Memory oder Puzzle auch „Dalli Klick“ oder „Finde den Unterschied“ im Angebot. „Das lieben sie sehr und spielen sie auch sehr häufig“, sagt die Betreuerin.
Genauso ist es mithilfe des Aktivtischs möglich, darauf zu malen, damit zu singen, auf einer Klaviatur Klavier zu spielen. Oder Erinnerungen aufleben zu lassen. „Das ist echt der Hammer“, schwärmt Marianne Zagorac, da zeige der Computer Schwarz-Weiß-Fotos von Familien, etwa vor dem VW-Käfer oder vor dem Weihnachtsbaum oder bei einer Taufe „und dann sprudeln die Erinnerungen der Menschen an ihre eigenen derartigen Erlebnisse.“
Verblüffend sei auch die Begeisterung an Sprichwörtern. „Selbst demente Menschen kommen manchmal schneller auf das richtige Ergebnis als ich“, erzählt Zagorac, dabei seien die Herausforderungen unterschiedlich: Mal müsse ein Sprichwort um ein fehlendes Wort ergänzt werden, mal müssten die miteinander vermischten Wörter sortiert werden, mal fehle das Ende des Sprichworts. Bei der Option „Aktiv bleiben“ wiederum, kann man einfach mit dem Finger über den Bildschirm wischen. Dann tauchen hinter dem Finger plötzlich bunte Farben auf oder Schmetterlinge oder Bälle, um langsam wieder zu verschwinden. „Wohlfühl-Wischen“ heißt das. Es geht aber auch anstrengender: mit Vorschlägen für Stuhlgymnastik zum Beispiel. „Aber da sind die Bewohner mit deutlich mehr Motivation dabei, wenn ich selber mitmache“, räumt Zagorac schmunzelnd ein.
Was der Computer generell nicht tut, ist gendern. „Weil das in der Lebenswelt unserer Bewohner nie vorkam. Er redet, wie sie es kennen.“
