„Stockdunkel und gespenstig“ – das war der erste Eindruck, den Sven Sieber bekam, als er Ende Juli unmittelbar nach der Überflutungskatastrophe ins Ahrtal kam. Der Angehörige der DRK-Bereitschaft Hattenhofen/Voralb gehörte zu den Fahrern von Notfall-Krankentransportfahrzeugen, die erste Hilfe leisteten.
Nachts um zwei Uhr war er am 16. Juli in Ahrweiler angekommen, blieb in seinem Fahrzeug an DRK-Zentrum, das „nur“ etwa 30 Zentimeter unter Wasser gestanden hatte. „Nur eine Straße weiter war es 1,5 Meter hoch.“ Betroffen war auch ein Altenheim, das direkt an der Ahr lag und nur mit schweren Fahrzeugen erreicht werden konnte. „Morgens um fünf Uhr nahmen wir zwei alte Damen auf, die mit einem Unimog aus dem unmittelbaren Katastrophengebiet transportiert worden waren.“ Ein Notarzt stellte fest, dass es ihnen den Umständen entsprechend gut ging. „Eine Seniorin erzählte, dass sie 24 Stunden ohne fließendes Wasser und Strom in Altenheim hatten warten müssen.“ Kerzen gab es auch nicht – die verbietet der Brandschutz. Die Senior*innen wurden schließlich in eine vom DRK betriebene Notunterkunft gebracht, wo sie weiter versorgt wurden.
Der zweite Einsatz führte den jungen Hattenhofener Anfang August wieder an die Ahr. „Es waren LKW-Fahrer gesucht worden.“ Hatte ihn für den ersten Einsatz sein Arbeitgeber freigestellt, fiel der zweite in einen geplanten Urlaub. Statt nach Teneriffa zu fliegen, fuhr er wieder an die Ahr. „Wir haben jahrelang genau solche Szenarien geübt und sind darauf vorbereitet. Jetzt werden wir gebraucht“, beantwortet der 35-Jährige die Frage nach seiner Motivation. „Außerdem wohnte ein Freund von mir in Ahrweiler, wohnte“, betont er ausdrücklich. Denn auch er verlor alles.
Bei diesem zweiten Einsatz fuhr Sven Sieber unermüdlich all die Dinge in das Katastrophengebiet, die dort sehnlichst erwartet wurden. Da war zunächst der Diesel, der auch gebraucht wird, um eine „Mobile Medizinische Versorgungseinrichtung“ der DRK in Ahrweiler als mobile Arztpraxis funktionsfähig zu machen. „Sie verbraucht am Tag 600 Liter Diesel.“ Transportiert wurden aber auch ganz banale Dinge wie Schaufeln und Besen oder Teppichmesser. Dann Wassersauger und Wasserschieber und Bautrockner – „einfach alles, was einer Kernsanierung vorausgehen muss“. Aber auch Handschuhe und Waschmittel und von einem Hersteller gespendete Waschmaschinen hatte er geladen. Denn: „Dort gibt es einfach nichts mehr – auch keine Straßen.“
Wie lange es dauern wird, bis die Infrastruktur wieder einigermaßen funktioniert. Sven Sieber denkt lange nach: „Sehr, sehr lange.“ Und die Menschen? „Man sieht ihnen den Schock noch an. Aber die meisten sind zuversichtlich und schauen nach vorn. Jeder packt mit an und die Hilfsbereitschaft untereinander ist riesig.“ Ob er wieder in einen Einsatz gehen würde? „Wenn ich gebraucht werde und Zeit habe – auf jeden Fall.“