Oft ist es die Angst, etwas falsch zu machen, die Zeugen eines Unfalls oder eines Herzstillstandes daran hindert, zu helfen. „Wir möchten die Bevölkerung dafür sensibilisieren, wie einfach die Reanimation ist“, erklärt der stellvertretende Vorsitzende des DRK-Ortsvereins Göppingen-Schurwald, Ulrich Kienzle.
Immer wieder ist an diesem Samstagvormittag der Song “Staying alive” von den Bee Gees zu hören. Dessen Takt beträgt genau 100 Schläge pro Minute und gibt den Menschen, die die Reanimation an den Puppen üben, die richtige Geschwindigkeit vor.
Drei Schritte sollen dabei befolgt werden: Erstens prüfen, ob die Person ansprechbar ist und versuchen den Puls zu fühlen. Zweitens gilt es, über die Notrufnummer 112 Hilfe anzufordern und anschließend als dritten Punkt mit rund 100 Schlägen pro Minute den Brustkorb zu drücken, bis der Notarzt eintrifft.
„Es ist einfach, von jedermann durchführbar und man kann nichts kaputt machen“, bekräftigt Professor Dr. Matthias Fischer, stellvertretender DRK Kreisverbandspräsident und Chefarzt der Anästhesie der Klinik am Eichert in Göppingen. So sei auch die Angst vor gebrochenen Rippen unbegründet, wenn es darum gehe, ein Leben zu retten, so Fischer.
Tatsächlich ist die Quote bei der Laienreanimation deutschlandweit noch immer viel zu niedrig. Während Schweden, Dänemark oder Holland mit Laienreanimationsraten von 50 bis 60 Prozent aufwarten können, beträgt die hiesige Quote nur knapp 30 Prozent. „Wichtig ist, tief genug zu drücken“, erklärt Fischer. Den Brustkorb etwa 5 cm tief einzudrücken sei echte körperliche Arbeit, „da sollte man als Helfer nicht allein bleiben und sich abwechseln“.
„Wenn der plötzliche Herztod auftritt, gilt es die Scheu zu überwinden - alles was man macht ist besser als nichts zu tun“, betont auch DRK-Kreisgeschäftsführer Alexander Sparhuber. Die Woche der Reanimation, die auf einer Initiative des Bundes deutscher Anästhesisten beruht, beginnt mit der Schulung der Jüngsten. „Vergangene Woche waren wir in der Haierschule in Faurndau und der Hermann-Hesse-Realschule in Göppingen“, berichtet Sparhuber. Dabei bekam jeder Schüler die Gelegenheit, die Reanimation praktisch zu üben.
Die ständige Präsenz der lebensrettenden Hilfe ist von großer Bedeutung. „Man sollte eine Wieder-auffrischung durchmachen, damit man mutig ist, an eine Person hinzugehen, in die Hilfe einzusteigen“, sagt Dr. Heinz Pöhler. Der Leiter des Göppinger Gesundheitsamtes vertritt den Landrat an diesem Morgen und nützt sogleich die Chance zum praktischen Üben. „Das ist auch für mich als Arzt eine gute Möglichkeit“, ergänzt er.
So sieht es auch Ulrike Jordan aus Faundau. Die 74-Jährige lässt sich in die lebensrettenden Maß-nahmen einweisen und schreitet gleich zur Tat. „Man soll helfen, man muss helfen - das ist Ethik“, erklärt die rüstige Rentnerin mit Nachdruck. So käme es für sie nie in Frage, dazustehen und zu gaffen, sie würde stattdessen Hilfe holen und selbst aktiv werden.
Dr. Christian Wagenfeld sieht es sehr positiv, dass die Reanimation an den Schulen in die Lehrpläne aufgenommen wird. “ Oft motivieren gerade Kinder ihre Eltern zur Hilfe, wenn sie dies einmal gelernt haben“, weiß der Notarzt aus Erfahrung. Man könne gerade an Schulen viel bewirken, wenn man die Einfachheit der Schritte „prüfen, rufen, drücken“ vermittelt bekomme.
Peter Hofelich, DRK-Kreisverbandspräsident, macht sich vor Ort ein Bild von den Hilfsmaßnahmen, die ein Helfer beim Herz-Kreislauf-Stillstand ausüben muss. „Ich habe selbst schon Notfälle erlebt und war in Frankreich im assistierenden Einsatz“, antwortet der SPD-Politiker auf die Frage nach eigenen Erfahrungen. Hofelich betont, wie wichtig es ist, in der Zeit zwischen Notruf und Eintreffen des Rettungsdienstes aktiv zu werden. „Da zählt jede Minute Hilfe“, ergänzt er.
Denise Bauer ist Mitglied bei der Rotkreuz-Jugend und berät zusammen mit zwei weiteren Jugendlichen die Passanten. „Es ist mir wichtig, keine Menschen zu ignorieren, wenn sie Hilfe brauchen“, erklärt die 13-Jährige, die seit zwei Jahren bei der DRK-Jugend dabei ist.
Die Kultur des Helfens bei der Bevölkerung zu verankern, daran arbeitet die „Woche der Reanimation“ auf vielerlei Ebenen und motiviert die Menschen, selbst Hand anzulegen und im Notfall nicht wegzuschauen.