· PM 2020

Neue Wege in der Krise

Die Familientreffs haben sich in den vergangenen Jahren zum wichtigen Bestandteil der sozialen Unterstützung von Familien entwickelt. Auch in der Zeit der Pandemie sind sie für Eltern und Kinder an. Der digitale Kontakt hat allerdings Grenzen.

Jakob schaut fröhlich in die Kamera am Laptop von Natalia Weinberg. Die Sozialpädagogin leitet seit drei Jahren den Familientreff in Deggingen. Dort wuselt es normalerweise und Eltern und Kinder freuen sich, wenn sie sich dort treffen können, zum Austausch, zum Spielen, zu einer Tasse Tee, zum Gespräch auch mit den Ehrenamtlichen. In Zeiten von Corona muss das aber entfallen. Auf die Familientreffs mussten Mitte März schließen. Natalia Weinberg und ihre Kollegin Irmela Schmidt, die die DRK-Familientreffs in Ebersbach und Uhingen seit mehr als einem Jahrzehnt leitet, wollen den Kontakt zu Eltern und Kinder aber dennoch aufrechterhalten und laden deshalb regelmäßig zu kleinen Videokonferenzen, zum Online-Spielkreis, ein. Die kleine Stoffpuppe Jakob begrüßt dabei die Kinder. Die kennen den lustigen Gesellen aus dem Familientreff. Er ist für sie also eine Identifikationsfigur. „Wenn wir uns treffen, singen wir normalerweise immer als erstes“, sagt Natalia Weinberg. Das hat sich über das Netz aber als nicht praktikabel herausgestellt. „Es gibt eine Zeitverzögerung und funktioniert nicht.“ Problematisch ist auch, „dass nicht alle Eltern Zugang zu schnellem Internet haben“. Und überhaupt: „Der digitale Familientreff hat Grenzen.“ Denn der persönliche Kontakt fehlt. Zudem können gerade die Kinder unter drei Jahren, an die und ihre Eltern sich das Angebot in erster Linie richtet, „die digitale und analoge Welt nicht verbinden“. Ihre Aufmerksamkeitsspanne ist kurz und „ihnen fehlt das soziale Lernen“. Bei allen Nachteilen, die die digitale gegenüber der analogen Welt hat, wollen die beiden Leiterinnen der DRK-Familientreffs ihr Angebot aber so lange aufrechterhalten, solange sie die Einrichtungen im oberen und unteren Filstal nicht öffnen können. Wie lange dieser Zustand anhalten wird, war Mitte Mai noch völlig offen. „Wir werden wie Kindertagesstätten eingeordnet. Und die dürfen nach aktuellem Stand frühestens am 15. Juni wieder öffnen“, so Natalia Weinberg.

„Der soziale Kontakt ist sehr wichtig“, weiß Birgit Dibowski, die Leiterin der Sozialarbeit im DRK-Kreisverband. „Denn die Familien sind derzeit weitgehend auf sich alleine gestellt und kommen zunehmend an ihre Grenzen. Zwischendurch etwas Anderes zu sehen als die eigenen vier Wände, ist schon hilfreich.“ Sie weiß, dass die Spannungen in Familien zunehmen, dass „Wut und Aggression steigen“. Da kommt es also auf jegliche Unterstützung an. „Wer Fragen hat und Probleme, bleibt nach dem Online-Spielkreis eingeloggt und erhält von uns Unterstützung“, bekräftigt Natalia Weinberg. Wichtig sei es auch, den Austausch unter den Eltern aufrecht zu erhalten. Sie machen dies zwar auch über die sozialen Netzwerke – allerdings mit der gebotenen Zurückhaltung bei persönlichen Informationen. „Uns bleibt nur: Abwarten und neue Wege für die Familientreffarbeit ausprobieren!“

Info:
Die Familientreffs sind in Kooperation mit dem Landkreis, den Kommunen und freien Trägern wie dem DRK ein kostenloses Angebot für alle Eltern im Landkreis Göppingen. Der DRK-Kreisverband Göppingen betreibt sie in Ebersbach, Uhingen und Deggingen. Weitere Informationen unter www.familientreffs.de