· NWZ 2023

Kleine Pflegedienste kämpfen

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ambulanten Pflegedienstes des DRK betreuen derzeit rund 250 Kundinnen und Kunden. Mit der Übernahme des AWO-Pflegedienstes kommen weitere Mitarbeiterinnen und Kunden hinzu.

Die Pflegebranche befindet sich nach Corona im Umbruch. Kleine Pflegedienste haben es schwer. Die ambulante Pflege der AWO wechselt zum DRK.

Ständiges Desinfizieren, Arbeiten mit FFP-2-Maske, ein enger Terminplan und hochbetagte, durch den Lockdown einsame Patientinnen und Patienten – die Corona-Pandemie war für die Fachkräfte der ambulanten Pflegedienste ein Kraftakt, der sie irgendwann an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gebracht hat.

Die Folgen der Pandemie und die Auswirkungen der Inflation spüren vor allem kleine ambulante Pflegedienste inzwischen verstärkt. „Durch Corona haben wir viele Kunden verloren, die verstorben sind oder wieder in ihre Heimatländer gegangen“, erklärt Sonja Elser, Geschäftsführerin des Kreisverbandes der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Göppingen, über die Situation beim ambulanten Pflegedienst der AWO. „Hinzu kam dann die Energiekrise, die Auswirkungen der Inflation und die enormen Preisanstiege bei Hygieneprodukten“, zählt sie auf. „Als kleiner Pflegedienst konnten wir das alles nicht mehr stemmen“, fügt Elser hinzu.

Zudem haben viele Pflegefachkräfte während und nach der Corona-Pandemie in andere Branchen gewechselt. Hinzu kommt die Reform der Pflege im Jahr 2021. „Die Tarifbindung galt damit auch für uns, was eine Lohnsteigerung zur Folge hatte“, erklärt die AWO-Geschäftsführerin. „Allerdings ist die Situation am Arbeitsmarkt inzwischen so angespannt, dass man fast keine Mitarbeitenden findet, die für den Tariflohn arbeiten.“ Gleichzeitig basieren die Zuschüsse, die von der Pflegekasse je nach Pflegegrad übernommen werden, auf den Tariflöhnen. „Derzeit werden teilweise bis zu 4000 Euro für die Vermittlung einer Pflegefachkraft bezahlt“, weiß Elser zu berichten.

In dieser Situation wurde die Entscheidung getroffen, dass der DRK-Kreisverband Göppingen den Pflegedienst von der AWO übernimmt.

Der DRK-Kreisverband hatte erst im Vorjahr einen weiteren Standort des ambulanten Pflegedienstes in Süßen eröffnet. „Eine weitere Expansion in Göppingen war nicht geplant. Aber als die AWO auf uns zukam, haben wir die Chance gesehen, das Pflegeangebot der AWO zu sichern und gleichzeitig unsere Aktivitäten weiter auszubauen“, erklärt Alexander Sparhuber, Kreisgeschäftsführer des DRK Göppingen. „In der ambulanten Pflege gibt es eine hohe Nachfrage“, fügt er hinzu.

„Ich glaube, dass kleine Träger im Pflegebereich immer mehr Schwierigkeiten haben werden, zu überleben“, erklärt Sonja Elser. Diese Problematik sieht Sparhuber für den DRK-Kreisverband nicht: „Unser Pflegedienst arbeitet kostendeckend. Eine Quersubventionierung aus anderen Bereichen ist nicht erforderlich. Klar ist aber auch, dass die aktuelle wirtschaftliche Situation mit hoher Kostensteigerung für das DRK, ebenso wie für alle anderen Akteure im Gesundheitswesen, sehr herausfordernd ist.“

„Wir haben das DRK angesprochen, da es uns wichtig war, dass alle Kundinnen und Kunden mit wechseln können und auch die Mitarbeitenden übernommen werden, was sicherstellt, dass die vertrauten Bezugspersonen erhalten bleiben“, erklärt die AWO-Geschäftsführerin. Zum 1. April wird der Pflegedienst des AWO-Kreisverbandes seine Trägerschaft wechseln.

Über Jahre hinweg hat sich der ambulante Pflegedienst der AWO auf den Bereich der kultursensiblen Pflege spezialisiert und ist dafür auch mehrfach ausgezeichnet worden. Viele der Pflegefachkräfte sprechen neben Deutsch auch noch andere Sprachen, manche haben selbst einen Migrationshintergrund.

„Wir haben Mitarbeitende und Patienten verschiedenster Herkunft und gewinnen durch die Übernahme des AWO-Pflegedienstes eben solche Kollegen und Kunden hinzu“, betont Alexander Sparhuber. „Wir bemühen uns, stets auf die besonderen Anforderungen unsere Kunden einzugehen und sind sicher, dass die AWO-Mitarbeitenden gerade auch in dieser Hinsicht eine Bereicherung für unseren Pflegedienst sein werden“, fügt der DRK-Geschäftsführer hinzu.

Mit dem DRK sei ein Träger gefunden, der alleine schon aufgrund seiner Größe „Strukturen hat, die den Mitarbeitenden langfristige Perspektiven – auch in der Aus- und Weiterbildung – bieten können“, so  unterstreicht die Geschäftsführerin der Göppinger AWO.

DRK-Pflegedienst zieht um

Neben dem 2022 eröffneten Standort in Süßen hat der ambulante Pflegedienst des DRK seit 2011 seinen Standort am Schillerplatz in Göppingen. Bislang betreut der DRK-Pflegedienst – er ist bislang um den Faktor drei größer als der der AWO –  250 Kundinnen und Kunden im gesamten Landkreis. Geplant ist jetzt, dass die Mitarbeitenden demnächst in neuere und großzügigere Räume in der Göppinger Stadtmitte umziehen, um dem Wachstum gerecht zu werden.