Im Jahr 2020 – dem ersten der Corona-Pandemie – konnten die Bergwachten im Landkreis einen klaren Trend ausmachen: „Es ist mehr passiert als in den vorherigen Jahren“, sagte Niko Schneider, Leiter der DRK-Bergwacht Geislingen-Wiesensteig. Die Menschen verreisten weniger und hielten sich öfter zuhause in der Natur auf, was mehr Arbeit für die ehrenamtlichen Retter bedeutete. Diese Entwicklung hat sich im vergangenen Jahr fortgesetzt, berichtet Schneider: „Im Prinzip hat es sich eingependelt, es gab ein ähnliches Einsatzaufkommen.“
Maximilian Hipp, Pressewart der DRK-Bergwacht Göppingen, hat genaue Zahlen zur Hand. Die Statistik für die ersten zehn Monate des Jahres 2021 weist 26 Bergrettungs-Einsätze im Bereich Göppingen und 30 im Bereich Geislingen-Wiesensteig aus. Hinzu kommen insgesamt 54 Einsätze im Naturschutz und der Landschaftspflege sowie in sonstigen Bereichen. Die Bergwacht Württemberg weist für den Zeitraum von Januar bis Oktober bei den Bergrettungseinsätzen 384 Einsätze aus – im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 18 Prozent.
Mit zwei gestürzten Wanderern in der Nähe der Bertaburg bei Gruibingen und auf dem vereisten Obstlehrpfad bei Dürnau sowie zwei Unfällen beim Schlittenfahren im Januar begann das Jahr für die Bergwachten im Landkreis. Zu einem ersten Großeinsatz kam es Mitte Februar, ein 50-jähriger Mann hatte sich beim Wandern in der Nähe von Bad Boll verlaufen und plötzlich gesundheitliche Probleme bekommen. Neben der Bergwacht waren unter anderem ein Polizeihubschrauber und mehrere Rettungshundestaffeln an der Suchaktion beteiligt, weil wegen der schlechten Verbindung eine Handyortung sehr schwierig war. Nach etwa zwei Stunden wurde der Wanderer durch die Hubschrauber-Besatzung in unwegsamem Gelände entdeckt.
Abgestürzt wegen Radkappe
Im März stürzte ein 80-jähriger Mann an der Stöttener Steige mehrere Meter einen Abhang hinab. Er hatte versucht, eine verlorene Radkappe neben der Straße zu bergen – die Bergwacht rückte aus und befreite den Verletzten aus seiner misslichen Lage.
Am 25. April setzte ein Rettungshubschrauber zur Landung auf dem Gipfelplateau des Hohenstaufen an – doch er landete nicht: Im Schwebeflug setzte der Pilot einen Notarzt ab und flog weiter zur Spielburg. Ein 58-jähriger Mann war fünf Meter von der Mauer der Burgruine in die Tiefe gestürzt und hatte sich am Rücken und am Bein verletzt. Die Retter brachten ihn mit der Gebirgstrage und dem Bergrettungsfahrzeug zum Rettungswagen im Ort. 14 Ehrenamtliche der Bergwachten Göppingen Geislingen-Wiesensteig waren mit mehreren Fahrzeugen im Einsatz.
Zwei Mal mussten die Retter am Vatertag ausrücken: Eine Mountainbikerin war auf einem Trail unterhalb des Geislinger Bismarckfelsens gestürzt und am Messelstein bei Donzdorf war ein junger Wanderer auf dem nassen Weg ausgerutscht. Beide Personen verletzten sich am Sprunggelenk. Einige Tage später, am 24. Mai, stürzte eine Frau mit ihrem E-Bike auf einem steilen Wegstück von Schlat in Richtung Wasserberghaus auf ein Geländer.
Nach einem misslungenen Startversuch war ein 55-jähriger Drachenflieger am 12. Juni an der Startrampe bei Türkheim mit einem Baum kollidiert und in einen steilen Waldhang gestürzt. Die Einsatzkräfte der Bergwacht transportierten den Mann in einer Gebirgstrage und unter Seilsicherung nach oben auf die Albhochfläche. Es bestand der Verdacht auf Verletzungen an der Hüfte und der Wirbelsäule, der Pilot kam ins Krankenhaus.
Drei Einsätze an einem Tag
Richtig viel zu tun bekamen die Bergwachten Göppingen und Geislingen-Wiesensteig am 31. Oktober: Gegen 13.30 Uhr wurden die Retter zu einer abgestürzten Person am Ostlandkreuz oberhalb von Geislingen gerufen. Ein 55-jähriger Mann war von der Aussichtsplattform 25 Meter in die Tiefe gestürzt und lag schwer verletzt im steilen Gelände. Die Helfer transportierten den Patienten nach oben, wo er an den Rettungshubschrauber Christoph 43 übergeben wurde, der ihn in eine Ulmer Klinik flog. Gleich im Anschluss musste die Bergwacht eine Person mit starker Höhenangst aus dem Gelände unterhalb des Ostlandkreuzes retten.
Zeitgleich waren die Ehrenamtlichen bei einem internistischen Notfall in Wiesensteig im Einsatz. Dort musste eine Patientin in der Nähe der Papiermühle mit dem Bergrettungsfahrzeug geborgen werden.
Dank nach Kletterunfall am Reußenstein
„Meistens erfahren wir nach einer Rettung nichts darüber, wie es den Geretteten geht. Umso mehr freut es uns, wenn uns ein Brief wie der folgende erreicht“, schreibt die Bergwacht. In dem Schreiben bedankt sich ein Kletterer nach einem Unfall am Reußenstein am 26. Juni 2021 (Auszüge):
„Sicherlich erinnern sich einige noch an den Abseilunfall meines Seilpartners R. am Reußenstein. Glücklicherweise war die Bergwacht – also Ihr – ja mit großer und kompetenter Mannschaft vor Ort und hat in hervorragender Weise superschnell die Erstversorgung und die Bergung übernommen.“
„R. ist glücklicherweise nichts Gravierendes passiert. Keine Schädigungen an Wirbelsäule oder Kopf. Allerdings sind die Prellungen sehr heftig. Noch mal den allerbesten Dank an alle Helfer für den Einsatz. War alles sehr professionell und kompetent. Auch ich als Seilpartner wurde gut versorgt.“