· PM 2018

Die ersten Minuten sind entscheidend

Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand sind die ersten Minuten bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes extrem wichtig. In Göppingen und Geislingen informierten das DRK und die Alb-Fils-Kliniken über das richtige Verhalten im Notfall.

„Prüfen, rufen, drücken – dieses Prinzip wollen wir den Passanten vermitteln und ihnen die Angst nehmen, etwas falsch zu machen“, erklärt Ulrich Kienzle, stellvertretender Vorsitzender des Ortsvereins Göppingen-Schurwald im DRK-Kreisverband Göppingen. „Wenn jemand einen Herz-Kreislauf-Stillstand hat ist es ganz wichtig mit der Rettungskette zu beginnen, bevor der Rettungsdienst eintrifft“, fügt Axel Ost, Vorsitzender des Ortsvereins Göppingen-Schurwald hinzu.

Seit fünf Jahren informiert der DRK-Kreisverband in Kooperation mit den Alb-Fils-Kliniken in der „Woche der Wiederbelebung“ über die Laienreanimation. Auf die Frage, wie verhalte ich mich im Notfall, hat Ulrich Kienzle eine Antwort parat: „Zuerst versuche ich, den Patienten anzusprechen. Reagiert er nicht, wird der Kopf leicht nach hinten überstreckt und geprüft, ob ein Atemgeräusch zu hören ist oder sich der Brustkorb hebt und senkt“. Kommt keine Reaktion und ist auch keine Atmung zu erkennen, muss zuerst ein Notruf an die 112 abgesetzt werden. Im Landkreis führen die Mitarbeitenden der Integrierten Leitstelle auch eine Telefonreanimation durch.

„Wenn es möglich ist, sollte man andere Personen auffordern, zu helfen“, rät Dr. Nikola Kandhari, Assistenzärztin an der Klinik am Eichert. Bei der Herzdruckmassage werden beide Handflächen übereinander auf den Brustkorb zwischen die Brustwarzen gelegt. Gleichmäßig wird dann 100 Mal pro Minute tief nach unten gedrückt. Hilfestellung für den richtigen Rhythmus kann der Takt von „Stairway to Heaven“ oder „Highway to Hell“ geben. „Wichtig ist es, dass man den Brustkorb rund fünf bis sechs Zentimeter nach unten drückt, damit der Blutkreislauf durch das Herz aufrechterhalten wird“, erklärt Axel Ost. „Die ersten Minuten bis der Rettungsdienst eintrifft sind entscheidend“, betont Dr. Kandhari. „Die Organe reagieren unterschiedlich sensibel auf Sauerstoffmangel. Beim Gehirn kommt es bereits nach drei Minuten zu Schäden, nach zehn Minuten sind diese dann irreversibel“.

Das Interesse in Göppingen ist groß. „Weitermachen, es sich noch zwei Minuten“, spornt Ulrich Kienzle an. Zuvor hat er die richtige Körperhaltung erklärt: „Die Arme durchdrücken, um mehr Druck aufzubauen“. Auch die kleinen Besucher wagen sich an die Reanimation und freuen sich über Gummibärchen, Luftballons und einen Bastelbogen für den eigenen Rettungswagen.

Auch in Geislingen waren das DRK und die Klinik aktiv. Als die Ehrenamtlichen des DRK-Ortsvereins Geislingen gemeinsam mit Ärzten der Helfenstein Klinik im Einkaufszentrum Nel Mezzo ihren Info-Bereich zum Thema „100 pro Reanimation“ aufschlagen, wartet dort schon ein älteres Ehepaar – mit einer motivierenden Geschichte. Beide hatten im vergangenen Jahr bei der Aktion ihre Wiederbelebungs-Kenntnisse aufgefrischt. Das habe dem Mann das Leben gerettet! Bei einem Spaziergang sei er plötzlich zusammengebrochen. Seine Frau erinnerte sich an das Gelernte, stellte fest, dass ihr Mann nicht mehr atmete – und reanimierte ihn erfolgreich. „Als sie uns das heute, Monate später, erzählte, schossen ihr Tränen in die Augen“, erzählt der Anästhesie-Arzt Thomas Holubarsch. Solche Geschichten motivieren all die Ehrenamtlichen wie Thomas Holubarsch, Susanne Schröder, Johanna Wehle, Ramona Kraus, Anika Fink, Niklas Rösch, Thomas Kehrer und Jessica Rödl.

Darüber hinaus animieren solche Erlebnisse auch andere Passanten, an den Dummies aktiv zu werden und sich von den Experten erklären zu lassen, worauf es bei Wiederbelebung ankommt. Eine dieser Passantinnen ist Sabine Brühl-Padmaperuma. Susanne Schröder hat ihr die Geschichte des Ehepaars erzählt. „Da wurde mir erst bewusst, wie schnell so ein Fall eintreten kann“. Sie lässt sich genau erklären, worauf es ankommt. „Es ist eigentlich gar nicht schwierig“. Das Training hat ihr das Gefühl gegeben, im Notfall helfen zu können. „Aber ich werde auf jeden Fall noch einen Erste-Hilfe-Kurs machen“.

Das Interesse an der Aktion „100 pro Reanimation“ ist groß. Erwachsenem aber auch vor allem Kinder sind sehr offen und lassen sich alles genau erklären. „Sie animieren dann häufig auch ihre Eltern, hier aktiv mitzumachen“, hat die Ärztin festgestellt.

Info:
Ziel der Aktion ist, die Quote der Laienreanimation zu steigern. In Skandinavien – dort wird die Wiederbelebung bereits im Kindergarten und in der Grundschule gezeigt – liegt die Quote bei 70 Prozent. In Deutschland sind es derzeit 40 Prozent.