· GZ 2020

Der Charmeur auf vier Pfoten

Terrier-Mischling und Therapiehund Linus hat die Schüler der 9d an der Geislinger Schubart-Realschule gut im Griff. Ist er im Klassenzimmer, ist es leiser, alle nehmen Rücksicht auf den kleinen Kerl.

Lehrerin Sabine Probst bringt dienstags ihren Therapiehund Linus mit in die Schule. Der ist einfach nur da, aber die Wirkung ist hör- und spürbar.

Linus ist ein richtiger Charmebolzen. Wenn der kleine Terrier-Mischling schwanz­wedelnd auf jemanden zukommt und ihn mit treuherzigem Blick anschaut, können die wenigsten widerstehen, den Hund zu streicheln oder zu knuddeln. Linus ist etwa drei oder vier Jahre alt. Genau weiß es sein Frauchen, Sabine Probst, nicht, weil sie ihn aus einem Tierheim in Ungarn geholt hat. Aber dass ihr Hund kontaktfreudig ist und Menschenherzen im Sturm erobert, das hat sie schnell gemerkt. Vor zwei Jahren hat Probst deshalb mit ihm die DRK-Ausbildung zum Therapiehund durchlaufen. „Dafür ist nicht jeder Hund geeignet“, sagt sie.

Sabine Probst ist Lehrerin an der Geislinger Schubart-Realschule und arbeitet darüber hinaus wenige Stunden pro Woche  im Göppinger Schulamt. Seit diesem Schuljahr nimmt sie dienstags ihren Linus mit zum Unterricht in die Schubart-Realschule. „Ich wünsch mir sowas schon seit zehn Jahren“, sagt Schulleiter Joachim Boldt zu dem Projekt und freut sich riesig, dass er jetzt eine Lehrkraft mit einem geeigneten Hund gefunden hat. Für Boldt ist ein Schulhund „ein guter Ansatz, Schülern anders zu begegnen als nur auf der Lehrer-Schüler-Ebene“. Sabine Probst bestätigt diese Einstellung: „Ein Hund ist Brückenbauer und Türöffner“, sagt sie und berichtet als Beispiel von einer Schülerin, die sie schon seit Jahren kennt. „Aber erst, seit ich mit Linus in die Klasse komme, taut sie auf und wir kommen ins Gespräch. Sie ist viel offener geworden – auch im Unterricht.“

Dabei ist Linus im Unterricht nicht als Therapiehund dabei, sondern er ist einfach nur anwesend. Manchmal liegt er in seiner Hundebox hinter dem Lehrerpult und schläft, manchmal streift er durchs Klassenzimmer, schnüffelt an Knien und holt sich Streichel­einheiten ab. Mit verblüffender Wirkung. In den Klassen ist es viel ruhiger, als wenn Linus nicht dabei ist. Und damit steigt die Konzentration. „Ich habe den Kindern klar gemacht, dass ich Linus nicht mitbringe, wenn es zu laut ist. Und viele Schüler nehmen auf den Hund eher Rücksicht als auf ihre Mitschüler“, hat Sabine Probst festgestellt.

Lara aus der 9d bestätigt das: „Er erschrickt und zuckt zusammen bei plötzlichen Geräuschen und das wollen wir nicht. Deshalb sind wir leiser.“ Auch ihr Klassenkamerad Christian hat, wie er sagt, Linus’ Anwesenheit immer im Hinterkopf, auch wenn der Hund nicht sicht- oder hörbar ist. „Der Hund ist ausgesprochen diszipliniert“, betont der Neuntklässler.

Die Schüler mögen Linus. „Der ist so süß. Der ist klasse. Der ist anders als andere Hunde“, lauten ihre Begründungen. „Linus ist nicht so überschwänglich. Dadurch liegt er auch den Schülern, die sonst Hunden gegenüber eher zurückhaltend sind“, versucht Sabine Probst dieses „anders“ zu beschreiben. Obwohl Linus im Unterricht meist keine Rolle spielt außer „einfach da zu sein“, gibt es klare Regeln im Umgang mit dem Tier. Außer „Passe deine Lautstärke seinen empfindlichen Ohren an“ und zahlreichen anderen Tipps gehört dazu auch das Fütterungsverbot. „Leckerli sind für Hunde Belohnung, dafür müssen sie was tun“, sagt Probst.

Die Lehrerin demonstriert – ausnahmsweise –, wofür es kleine Hunde-Leckereien gibt: Auf ihre Anweisungen hin zeigt Linus, dass er mehr kann als Herzen erobern. Er geht bei Fuß, macht Sitz und Platz, wartet, bis er gerufen wird, macht High-Five (Abklatschen) mit seiner Pfote – und gibt seinem Frauchen sogar einen Kuss. Damit hat er auf jeden Fall Leckerli verdient, die Kinder sind begeistert.