· PM 2023

Auch Kinder können helfen

Erste Hilfe bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand geht alle an. Wie Kinder vor Ort helfen können, das zeigt das DRK in den Schulen des Landkreises.

Lady Gaga singt im Musikraum, am frühen Morgen. Gut 20 Schüler*innen knien auf dem Boden, im Takt zur Lady Gagas Song „Pokerface“ drücken sie ihre Hände auf die auf dem Boden liegenden Plastikpuppen. „Drücken“, das ist der letzte und entscheidende Teil des Dreiklangs „Prüfen, rufen, drücken“, und den, also den Dreiklang, bringt den Schüler*innen der sechsten Klasse der Geislinger Schubart-Realschule Dr. Nikola Kandhari bei. Denn es ist die „Woche der Wiederbelebung“. Die ist eine Initiative der Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin und des Berufsverbands deutscher Anästhesisten. Dr. Nikola Kandhari ist Anästhesiologie-Fachärztin in der Klinik am Eichert, als Notärztin im Landkreis unterwegs und während der Woche der Wiederbelebung als Ausbilderin in den Klassenzimmern und Musikräumen der Schulen im Landkreis.

„Prüfen, rufen, drücken“, sagt Dr. Nikola Kandhari. Das ist die Reihenfolge, wenn jemanden geholfen werden soll, der einen Herz-Kreislauf-Stillstand erlitten hat. Prüfen, ob er noch atmet. Dann rufen, also den Notruf 112 anrufen, damit schnell professionelle Hilfe kommt. Und dann drücken. Wo genau, das erklärt DRK-Ausbilderin Bettina Steinbacher den Kindern: genau in der Mitte zwischen den Brustwarzen. Dort ist eine Kuhle, da muss der Handballen rein. Darauf die zweite Hand, dann Arme durchstrecken und feste drücken. Das geht am besten, wenn der oder die, die drückt, den „Hintern hochnimmt“, dann kommt mehr Druck auf die Arme, erklärt Sebastian Fischle, wie Dr. Nikola Kandhari Narkosearzt in der Klinik am Eichert. Und dann, wie gesagt, feste drücken. Richtig fest. Fünf bis sechs Zentimeter tief, sagt Dr. Nikola Kandhari. Nur dann kann der Druck die Pumpwirkung des stillstehenden Herzens ersetzen und den Blutkreislauf in Gang halten. Und das kann Leben retten. Und darum sind die Schüler schließlich an diesem Morgen im Musiksaal, das sagt ihnen die Notärztin klipp und klar: Um zu lernen, wie sie Leben retten können, wenn jemand mit Herz-Kreislauf-Stillstand vor ihnen liegt. „Auf der Straße wird das nicht oft vorkommen, es könnten aber Oma oder Opa zuhause sein“, sagt sie.

Auch wie das so funktioniert mit dem Blutkreislauf wird zusammen mit den Schüler*innen erarbeitet, also die Sache mit dem Atmen, dem Sauerstofftransport durch das Blut zu den Zellen, dem Abtransport von Kohlendioxid. Und damit das auch ohne Herzschlag einigermaßen funktioniert, müssen die Helfer*innen kräftig zupacken. Dabei darf auch mal beim Drücken eine Rippe brechen. „Knochen wachsen wieder zusammen“, sagt Dr. Nikola Kandhari, notfalls können die Ärzte im Krankenhaus auch mit einer Operation helfen. Aber ein Herz, das endgültig stehenbleibt, das bekommen die Mediziner*innen nicht wieder hin.

Das Drücken im Notfall ist auch ein Wettlauf gegen die Zeit. Im Schnitt brauchen die Rettungsprofis, also die Notärzt*innen und/oder Sanitäter*innen, zehn Minuten bis zum Patienten. Diese 10 Minuten sind entscheidend, denn wenn das Herz und damit der Blutkreislauf aussetzt, drohen ganz schnell schlimme Schäden. Vor allem am Gehirn, das nur drei bis fünf Minuten ohne frischen Sauerstoff auskommt. 60- bis 80-mal in der Minute schlägt ein gesundes Herz, beim Drücken sollten es 100 Drücker in der Minute sein. Da helfen dann schnelle Beats, wie die von Lady Gaga, „ihr könnt auch „Atemlos“ von Helene Fischer nehmen“, sagt Dr. Nikola Kandhari. Aber: Atemlos durch die Nacht sollte es im Notfall gerade nicht sein, da passt Lady Gaga dann doch besser. Jedenfalls ist das Drücken mächtig anstrengend, „wir wechseln uns alle 2 Minuten ab“, sagt Sebastian Fischle. Das sollten auch die Ersthelfer vor Ort tun. „Ruft laut nach Hilfe, damit euch Erwachsene helfen und beim Drücken ablösen können“, sagt Dr. Nikola Kandhari.