Rechnung. Der Degginger Bürgermeister nahm am Halbtraum – der Kurzstrecke des Geislinger Benefizlaufs „Alb-Traum100“ – teil und stand kurz vor 20 Uhr an der Verpflegungsstelle beim SC-Stadion, da warnte die Nina-App vor Starkregen und Blitzen. Neun Kilometer vor dem Ziel, mit 51 Kilometer in den Beinen, beschloss Schweizer schweren Herzens, den Lauf abzubrechen – der Sicherheit wegen. „Das hat so kurz vor dem Ziel natürlich weh getan, aber ich bin kein Profisportler und muss mich nicht unnötig in Gefahr begeben“, erzählt er am Montag der GZ.
2024 war der Schultes schon mal auf der Strecke unterwegs, damals mit der Promistaffel des Landkreises. Weil diese heuer nicht zustande kam, beschloss er, den Halbtraum mit 60 Kilometern und 1700 Höhenmetern alleine anzugehen. Für Schweizer, der vom Fußball kommt und bislang maximal einen Halbmarathon gelaufen ist, eine große Herausforderung. Im Schnitt alle zwei Wochen ging er vorab mit einem Trainingspartner laufen.
Dass der Lauf ausgerechnet mit dem bislang heißesten Tag des Jahres zusammenfiel, sei „bissle schade“ gewesen. Doch er habe viel gelernt dabei und habe das Gemeinschaftsgefühl und den Austausch mit vielen Leuten auf und an der Strecke genossen. Ob er den Halbtraum nochmal angehen würde? Auch wenn’s direkt nach dem Lauf nicht so aussah – „mit wenigen Tagen Abstand muss ich sagen, der Ehrgeiz ist schon da und ich denke mir, die neun Kilometer mehr packe ich noch“, sagt Markus Schweizer.
Laufen für Markus
Fabrizio Schönholz und seine Partnerin Laura Salvaggio hatten mehr Glück: „Wir waren im Ziel an der Jahnhalle, und 15 Minuten später ist die Welt untergegangen“, erzählt der Sprecher der Geislinger Sterne am Montag am Telefon. Da habe wohl einer die Hand über sie gehalten, meint er. Schönholz denkt dabei an seinen Freund Markus, der 2023 noch selbst über die Halbtraum-Strecke mitgelaufen war, 2024 eigentlich die lange Distanz absolvieren wollte und im Dezember an Krebs verstorben ist. Beim Lauf im vergangenen Jahr trugen viele Läufer im Gedenken an Markus ein Herzchen am Trikot; er kam, schon schwer erkrankt, noch im Rollstuhl an die Strecke. „Er hat uns eigentlich dazu gebracht, mitzumachen“, erzählt Fabrizio Schönholz.
Zu fünft, sechst seien sie nun auf der Strecke gewesen, immer in dem Bewusstsein, für den Freund zu laufen. „Markus war ein Motivator, ein Kämpfer, das hatte ich immer im Kopf.“ Den Freund habe er auch immer dafür bewundert, wie er zusammen mit seiner Frau Natalja trainierte und Wettkämpfe bestritt – jetzt sei er selber mit seiner Partnerin angetreten, sagt Schönholz, „und das hat uns auch zusammengeschweißt. Es hat gut getan, das zu erleben“.
Schönholz begann erst vor fünf Monaten mit dem Training; der Handballer ist überhaupt kein Läufer, wie er sagt. Zweimal die Woche schnürte er um 4.30 Uhr morgens die Laufschuhe. Überhaupt ankommen war das Ziel – dass er die Strecke in 11.05 Stunden schaffte, findet er „supergut“. Die größte Belohnung sei für ihn gewesen, dass ihn im Ziel seine Kinder empfangen hätten, „das war eine unglaublich schöne Überraschung“. Die 60 Kilometer fasst Fabrizio Schönholz mit einem Lachen so zusammen: „80 Prozent waren geil, 20 Prozent zum Kotzen.“ Und er schwärmt von der herzlichen und hilfsbereiten Art der Lauf-Community und der Organisatoren, spricht von einem „ganz tollen Erlebnis“ und will auch künftig dem Alb-Traum100 verbunden bleiben – sei es als nochmaliger Teilnehmer oder als Helfer an der Strecke.
Der goldene Karabiner
Große Lust auf eine Wiederholung hat auch Barbara Baumeister von der Bergwacht Geislingen-Wiesensteig. Sie ging mit insgesamt 16 Bergrettern auf die Strecke – als Staffel außer Konkurrenz. Die Bergwacht ist seit der Premiere des Ultralaufs als Unterstützer mit von der Partie, sie betreut die Verpflegungsstelle an der Papiermühle in Wiesensteig und an den Eckhöfen. Die Idee, als Staffel mitzumachen, sei aus einer Laune heraus entstanden, erzählt Baumeister am Samstagnachmittag an der Geislinger Jahnhalle. Die Mitglieder hätten 2024 die Promistaffel des Landkreises erlebt und sich gedacht, „das könnten wir eigentlich auch machen“. Baumeister hat beim Gespräch mit der Zeitung ihren Einsatz auf der letzten Etappe zusammen mit Frieder Arnold, Stefanie Adler und Sven Halm noch vor sich. Insgesamt war der Tag etwas stressig, erzählt sie frohgemut, denn morgens stand sie ab 7 Uhr an der Papiermühle und versorgte die Läufer.
Vom Einzelläufer bis zu Vierergrüppchen waren die Bergretter über die 115 Kilometer unterwegs und reichten keinen Staffelstab, aber etwas anderes weiter: den „goldenen Karabiner“. Das sei unterwegs praktischer und passe doch optimal zur Bergwacht, meint Baumeister. Die Steinmetzin will jetzt einen Sockel für den Karabiner gestalten, damit er in der Bergrettungsstation in Wiesensteig aufgestellt werden kann. Mit herausnehmbarem Karabiner natürlich. „Damit wir nächstes Jahr wieder starten können“, sagt Barbara Baumeister.
Info Teilnehmer aus acht Nationen waren am Start: neben Deutschland aus Österreich, Belgien, Kroatien, Frankreich, Italien, den Niederlanden und der Schweiz. Der älteste Halbträumer war 72, der älteste Albträumer 64. Insgesamt 338 Läufer starteten, davon waren 114 Frauen.
Die 20 Schnellsten beider Strecken
Albtraum (115 Kilometer, 3200 Höhenmeter): 1. Mike Gold 13:07; 2. Matthias Schlegel 13:24; 3. Marcel Shtyrko 13:58; 4. Kurt Alderweireldt 14:00; 5. Jonathan Gakstatter 14:08; 6. Albert Baumgärtner 14:24; 7. Filip Schmid 14:25; 8. Paul Schiele 14:42; 9. Daniel Failenschmid 14:43; 10. Benjamin Knoblauch 14:45; 11. Bernd Wolfahrt 14:56; 12. Friederike Lutz 15:29; 13. Tobias Maier 16:10; 14. Leonie Eisebraun 16:11; 15. Franziska Williner Feifel 16:17; 16. Nils Kugler 16:19; 17. Jörg Michel 16:25; 18. Oliver Beck 16:25; 19. Steffen Seibold 17:10; 20. Markus Gutbrod 17:10.
Halbtraum (60 km, 1700 hm): 1. Gabriel Frommhold 05:54; 2. Lukas Diebold 06:08; 3. Anne Kesselring 06:18; 4. Andreas Fischer 06:22; 5. Michael Krüger 06:33; 6. Stefan Schneider 06:39; 7. Christian Ulbrich 06:40; 8. Jochen Schäfer 06:41; 9. Markus Klein 06:47; 10. Marco Kellermann 06:51; 11. Matthias Wolf 06:52; 12. Florian Schmid 06:53; 13. Anna Schmädicke 06:54; 14. Frank Missler 06:56; 15. Daniel Strehblow 06:59; 16. Felicia Blessing 07:03; 17. Martin Hagmann 07:12; 18. Josef Trojan 07:18; 19. Berthold Flocke 07:21; 20. Björn Guter 07:21.