„Jede Investition in den Sanitätsdienst der Bundeswehr ist eine Investition in den Bevölkerungsschutz.“ Und: „Die Streitkräfte sind in der Landes- und Bündnisverteidigung auf das zivile Gesundheitssystem angewiesen.“ Generalarzt Dr. Bruno Most fand im Rotkreuz-Landesmuseum in Geislingen deutliche Worte, forderte, dass dafür die Hilfsorganisationen mit entsprechenden Ressourcen ausgestattet werden müssen. „Wir müssen Sie noch viel deutlicher befähigen, Ihren Aufgaben gerecht zu werden.“ Der stellvertretende Kommandeur im Kommando Sanitätsdienstliche Einsatzunterstützung in Weißenfels sprach auf Einladung des Konventionsbeauftragten des DRK-Kreisverbandes Göppingen über „Deutschland in der Gesamtverteidigung – Erwartungen des Sanitätsdienstes der Bundeswehr an Hilfsorganisationen und das zivile Gesundheitswesen“.
Die Vorträge, zu denen der Konventionsbeauftragte des DRK-Kreisverbandes seit Jahren in das Museum einlädt, greifen immer aktuelle Themen auf, die von versierten Referenten vorgestellt werden. Mit dem Generalarzt Dr. Bruno Most war es dem Konventionsbeauftragten Christian Striso einmal mehr gelungen, diesem Anspruch gerecht zu werden. Weit mehr als 100 Besucher*innen aus den Reihen der haupt- und ehrenamtlichen Rotkreuzler*innen, anderer Hilfsorganisationen wie der DLRG, von Polizei und Feuerwehr, aus der Lokalpolitik sowie Behördenvertretern und zahlreichen Angehörigen der Bundeswehr zeigte der Referent auf, wie sich der Sanitätsdienst der Bundeswehr auf den Fall der Fälle vorbereitet.
„Einen Besucherrekord“ hatte DRK-Kreisverbandspräsident Peter Hofelich bei der Begrüßung der zahlreichen Gäste verzeichnet und betonte, dass das DRK Aufgaben des Zivilschutzes „nicht aus unseren Spendengeldern finanzieren kann. Hier haben wir Erwartungen an den Staat und berechtigte Forderungen“. Christian B. Schad, Landeskonventionsbeauftragter des DRK-Landesverbandes Baden-Württemberg unterstrich: „Die Grundsätze des Roten Kreuzes sind mehr als aktuell“, stellte aber gleichzeitig „zahlreiche Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht“ fest. Christian Striso, der das Amt des Konventionsbeauftragten seit gut einem Jahr innehat, dankte insbesondere seinem Vorgänger Dietmar Merten, der die Vortragsreihe begründet und zum Erfolg geführt habe.
Fünf Jahre werde es brauchen, bis der Sanitätsdienst der Truppe ausreichend ausgestattet sei. „Bis dahin wird Putin entsprechend aufgerüstet haben.“ Klar sei jedoch, dass es ohne zivile Strukturen im Verteidigungsfalle nicht gehen werde. Das hätten „die Planspiele am grünen Tisch“ eindeutig gezeigt. Nicht geklärt sei bislang „der Verwundetentransport auf der Schiene. Wir brauchen ein komplexes Verwundeten-Transportsystem. Dazu brauchen wir Sie. Denn unser Personal wäre an der Front.“ In Fragen der Blutversorgen „arbeiten wir eng mit Ihnen zusammen“. Unabdingbar sei aber auch, in Europa wieder eine funktionierende Pharma-Industrie aufzubauen. Auch der Bundesfreiwilligendienst (BFD) müsse neu aufgestellt werden. Denn ein verpflichtendes Jahr sei die nächsten Jahre kein Thema mehr. „Dafür müsste das Grundgesetz geändert werden.“ Der BFD müsse besser bezahlt werden. „Nur so gewinnen wir Menschen für den zivilen Katastrophenschutz.“
Dr. Most erinnerte an das „Sicherstellungs- und Vorsorgegesetz Gesundheit“, das das DRK, die Johanniter Unfallhilfe und den Malteser Hilfsdienst verpflichte, im Verteidigungsfalle die Bundeswehr zu unterstützen.
Im Anschluss an den informativen, aber auch beunruhigenden Vortrag zu einem Thema, das bis vor wenigen Jahren undenkbar war, stellte sich der Referent den Fragen des Publikums. Andreas Mauritz, Justitiar des DRK-Kreisverbandes, befürchtete, dass zentrale Kliniken Ziel von Angriffen sein könnten und würde die medizinische Versorgung von verletzten Soldat*innen deshalb lieber dezentralisieren. „Wir müssen die kritische Infrastruktur deutlich besser schützen“, so Dr. Most. Marc Lux, Vorsitzender der Kreisärzteschaft, führte an, dass in Deutschland Klinikbetten abgebaut würden. „In den Niederlanden werden sie nur eingemottet.“ „Eine leere Hülle ohne entsprechendes Personal hilft nichts“, stellte Dr. Most fest und erhielt Unterstützung von Wolfgang Schmid, dem kaufmännischen Geschäftsführer des Alb Fils Klinikums. Die Corona-Pandemie habe gezeigt, „dass
längere Arbeitszeiten nur eine bedingte Zeit möglich sind“. Peter Hofelich verwies auf die Psychosoziale Notfallversorgung des Roten Kreuzes. „Die Rettungskette endet nicht in der Klinik“, informierte Dr. Most. „Mit Afghanistan haben wir entsprechende Strukturen geschaffen und sind gut aufgestellt.“
Die Genfer Konvention von 1864 legte das Fundament für das heutige humanitäre Völkerrecht. Darin ist das Rote Kreuz als Schutzzeichen für Hilfspersonal und medizinische Einrichtung verankert. Die Signatarstaaten verpflichten sich das Zeichen zu respektieren. Weitere Informationen unter https://www.drk.de/das-drk/auftrag-ziele-aufgaben-und-selbstverstaendnis-des-drk/humanitaeres-voelkerrecht-im-kontext-des-drk/genfer-abkommen/