Geislingen. Es ist ein beunruhigendes Bild, das Generalarzt Dr. Bruno Most bei seinem Besuch im Rotkreuz-Landesmuseum in Geislingen zeichnet: Sollte Deutschland in ein Kriegsgeschehen einbezogen sein, ist der militärische Sanitätsdienst auf die Hilfsorganisationen angewiesen, heißt es in einer Pressemitteilung des DRK. „Jede Investition in den Sanitätsdienst der Bundeswehr ist eine Investition in den Bevölkerungsschutz.“
Most forderte in Geislingen, dass dafür die Hilfsorganisationen mit entsprechenden Ressourcen ausgestattet werden müssen. Der stellvertretende Kommandeur im Kommando Sanitätsdienstliche Einsatzunterstützung sprach auf Einladung des Konventionsbeauftragten des DRK-Kreisverbandes Göppingen, Christian Striso, über „Deutschland in der Gesamtverteidigung – Erwartungen des Sanitätsdienstes der Bundeswehr an Hilfsorganisationen und das zivile Gesundheitswesen“. Weit mehr als 100 Besuchern aus den Reihen der haupt- und ehrenamtlichen Rotkreuzler, anderer Hilfsorganisationen wie der DLRG, von Polizei und Feuerwehr, aus der Lokalpolitik sowie Behördenvertretern und zahlreichen Angehörigen der Bundeswehr zeigte der Referent auf, wie sich der Sanitätsdienst der Bundeswehr auf den Fall der Fälle vorbereitet.
Diskussion über dezentrale Versorgung.
Fünf Jahre werde es brauchen, bis der Sanitätsdienst der Truppe ausreichend ausgestattet sei. „Bis dahin wird Putin entsprechend aufgerüstet haben.“ Klar sei jedoch, dass es ohne zivile Strukturen im Verteidigungsfalle nicht gehen werde. Das hätten „die Planspiele am grünen Tisch“ eindeutig gezeigt. Nicht geklärt sei bislang „der Verwundetentransport auf der Schiene. Wir brauchen ein komplexes Verwundeten-Transportsystem.“ In Fragen der Blutversorgung „arbeiten wir eng mit Ihnen zusammen“, sagte er seinen Zuhörern. Unabdingbar sei aber auch, in Europa wieder eine funktionierende Pharma-Industrie aufzubauen. Auch der Bundesfreiwilligendienst (BFD) müsse neu aufgestellt werden. Denn ein verpflichtendes Jahr sei die nächsten Jahre kein Thema mehr. „Dafür müsste das Grundgesetz geändert werden.“ Der BFD müsse besser bezahlt werden. „Nur so gewinnen wir Menschen für den zivilen Katastrophenschutz.“
Im Anschluss an den Vortrag zu einem Thema, das bis vor wenigen Jahren undenkbar war, stellte sich der Referent den Fragen des Publikums. Andreas Mauritz, Justitiar des DRK-Kreisverbandes, befürchtete, dass zentrale Kliniken Ziel von Angriffen sein könnten und würde die medizinische Versorgung von verletzten Soldat deshalb lieber dezentralisieren. „Wir müssen die kritische Infrastruktur deutlich besser schützen“, so Dr. Most. Marc Lux, Vorsitzender der Kreisärzteschaft, führte an, dass in Deutschland Klinikbetten abgebaut würden. „In den Niederlanden werden sie nur eingemottet.“ Eine leere Hülse ohne entsprechendes Personal helfe nichts, stellte Dr. Most fest und erhielt Unterstützung von Wolfgang Schmid, dem kaufmännischen Geschäftsführer des Alb-Fils-Klinikums. Die Corona-Pandemie habe gezeigt, „dass längere Arbeitszeiten nur eine bedingte Zeit möglich sind“.